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Diagnose: abgenutzt!
Nach der Reinigung kann auch der Zustand der Schnecke und des Schneckenrades im Lenkgetriebe besser beurteilt werden. Die Schnecke zeigte in der Mittelstellung – also wenn geradeaus gefahren werden soll – deutliche Abnutzungsspuren. Mike: „Die Dicke des Schneckengewindes ist dort deutlich geringer als bei Rechts- oder Linkseinschlag“. Damit erklärt sich auch das große Lenkradspiel bei Geradeausfahrt. Ungleichmäßiger Verschleiß einer Lenkung kann übrigens auch entstehen – nämlich durch permanente Überbeanspruchung in einer bestimmten Stellung. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn aus tiefen Ackerfurchen immer wieder durch kraftvolles Einschlagen des Lenkrads in dieselbe Richtung herausgefahren wird.

Neuteile müssen her
„Ein Einstellen oder Wegdrehen der verschlissenen Stelle durch Drehung der Linkspindel macht hier keinen Sinn. Bestenfalls verschiebt sich das Lenkradspiel dann auf die eine oder andere Seite. Versucht man hingegen, dass Spiel in der Mitte der Schnecke (geradeaus fahren!) einzustellen, geht die Lenkung dann sowohl beim Einschlagen nach links als auch nach rechts sehr schwer, weil die beiden Schnecken bei diesen Stellungen kein Spiel zueinander mehr haben und sich im schlimmsten Fall sogar festpressen. Bei solchem Verschleiß hilft daher nur das Austauschen des Lenkgetriebes samt Lenkspindel“, fasst Mike seine Diagnose zusammen. „Eine Reparatur der Lenkspindel wäre nur unter zu großem Aufwand möglich. Da jedoch auch die Lenkradverschraubung defekt ist, kommt ein Neuteil billiger als eine Überholung.“ Ein Einstellen des Lenkgetriebes wäre übrigens gar nicht so schwer. Hierzu befindet sich nämlich auf der linken Seite des Lenkgetriebes eine gesicherte Einstellschraube.
 
So funktioniert es
Durch Drehen dieser Schraube kann das seitliche Spiel der Schnecken ausgeglichen werden. Um das wichtigere Höhenspiel einzustellen, müssen hingegen verschieden dicke Unterleg- beziehungsweise Dichtungsscheiben in die waagerechte Trennfuge zwischen oberem und unterem Getriebegehäuse gelegt werden. Mehr Scheiben bedeuten hier weniger Spiel.

Die Einstellung stimmt, wenn kein horizontales und vertikales Spiel in den Schnecken mehr fühlbar ist und sich das Lenkrad in allen Positionen leicht drehen lässt. Aber wie gesagt, das funktioniert nur, wenn die Schnecken gleichmäßig verschlissen sind.

Korrekte Füllung
Wer lediglich das Öl im Lenkgetriebe wechseln möchte, sollte sich hier hinsichtlich Füllmenge und Ölqualität immer an die Vorgaben des Herstellers halten. Oft kommen  bei Oldtimertraktoren unlegierte, sehr dickflüssige Getriebeöle oder spezielle Getriebefette zum Einsatz. Da das Lenkgetriebe am Hela
D 16 jedoch bald restauriert wird, hat Mike zum Schutz vor Korrosion der noch brauchbaren Teile vorübergehend ein konventionelles modernes Getriebeöl eingefüllt, da es Korrosionsschutz-Additive enthält. Jetzt wo Mike alle Komponenten der Lenkung durchgesehen hat und ihren Zustand kennt, macht er sich daran, die Kugelgelenke, den Achsbolzen, die Achsfäuste und die Radlager mit einer Fettpresse abzuschmieren. Um zusammen mit dem Fett keine Verunreinigungen in die Lager zu pressen, reinigt er zuerst die Schmiernippel. Als er dabei den Schmiernippel des rechten Radlagers sauber wischt, erkennt Mike sofort die Ursache für die Laufgeräusche des Rades. Die kleine Dichtungskugel im Schmiernippel fehlt. So konnten über die Jahre Wasser und Schmutz  in das Lager gelangen, das nun mit Sicherheit korrodiert ist. Mike hat es dennoch einmal abgeschmiert, um zu testen, ob sich eine Besserung einstellt. Das Ergebnis ist ernüchternd. Das Lager macht weiter Geräusche und muss daher bei der Restaurierung getauscht werden. Zuletzt bleibt noch, die Spur der Vorderräder einzustellen und den Luftdruck zu prüfen.

Spur einstellen
Die Spur beschreibt die Abweichung der Radstellung aus der Geradeausstellung. Prinzipiell wird die Spur der Vorderräder immer leicht negativ (Vorspur), also leicht V-förmig nach innen eingestellt (die Spitze des imaginären V zeigt in Fahrtrichtung). Die Vorderräder müssen dabei vor der Achsenmitte einen kleineren Abstand (circa 4 bis 10 Millimeter – abhängig von Typ) haben als hinter der Achsenmitte. Bei der sogenannten Nachspur-Einstellung ist es umgekehrt. Die Vorspur verspannt die Radaufstandsflächen und baut so Druck auf das Spiel der Radaufhängung auf. Letztendlich verhindert sie so Spiel in der Lenkung, was zu einem ruhigeren und verschleißfreieren Lauf der Räder führt – korrekte Einstellung vorausgesetzt! Das Einstellen der Spur erfolgt immer an beiden Vorderrädern. Wer es selbst machen will, kann zwei lange, gerade Holz- oder Alulatten parallel jeweils an die Hinterräder legen und dann vorne den Abstand der Felgenränder der Vorderräder zu den Latten ausmessen. Die Werte müssen auf beiden Seiten des Traktors bei Geradeausstellung gleich sein.Vor allem bei modernen, stark beanspruchten Allradschleppern ist im Hinblick auf den Reifenverschleiß jedoch die exaktere Laservermessung zu empfehlen. In der Regel nicht einstellbar, sondern – auch beim Hela D 16 – durch den Winkel der Achsfaust vorgegeben ist der Sturz, also die Abweichung der Vorderräder aus der Senkrechten. Negativer Sturz bedeutet einen „breitbeinigen“ Stand, positiver Sturz einen schmaleren.

Jetzt bleiben noch die Prüfung und gegebenenfalls die Korrektur des Luftdrucks der Reifen, dann steht einem unbeschwerten (und zielgenauen) Fahrvergnügen nichts mehr im Weg.

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TEXT und FOTOS: Marcel Schoch
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