Wotan II - Eichers Wunderwaffe
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Begeisterung vermochte auch eine Erweiterung der Modellpalette nach oben zu wecken. Längst hatten die Verantwortlichen in Forstern den Ruf der Landwirte nach stärkeren Schleppern vernommen. Für eine relevante Leistungssteigerung gab es eigentlich nur einen Weg: die Vergrößerung des Hubraums. Dies war unter Beibehaltung der existierenden Bauweise nur mittels Vermehrung der Zylinder zu erreichen. Die schon 1958 eingeführte Motorenreihe EDK (Eicher Diesel Kurzhub) war mit den Vierzylindermaschinen noch längst nicht ausgereizt.
Das Baukastenprinzip ermöglichte die einfache Erweiterung. Mit ihrer Direkteinspritzung waren die Aggregate nach zehn Jahren noch auf der Höhe der Zeit. Auch der Wettbewerb war fast überall auf dem Weg zum Sechszylinder oder hatte ihn bereits beschritten. So war die Einführung der Wotan-Reihe schon überfällig, denn langsam hatten die Raubtiere ein wenig den Anschluss an die leistungsmäßige Spitzengruppe der internationalen Großschlepperhersteller verloren.
Mit 2.700 Exemplaren top
Eicher baute auf einen der großen Vorzüge der EDK-Reihe – der bekannten und einzigartigen Einzelzylinderluftkühlung durch die Radialgebläse – und schuf den EDK 6. Thermische Probleme bei zwei zusätzlichen Zylindern sollten dabei eigentlich nicht zu erwarten sein. Mit Beginn des Jahres 1969 startete der Verkauf gleich mit zwei Modellen, dem Wotan I mit 80 PS und dem Wotan II mit 95 PS.
Beide Schlepper wurden von Beginn an optional mit Allradantrieb angeboten, und wie die Verkaufszahlen zeigten, wollten die Landwirte in dieser Preis- und Leistungsregion zum Sechszylinder einen Allradantrieb. Die 95- bzw. (ab Ende 1973) 100-PS-Allradversion Wotan II A – technische Bezeichnung 3014 A – war von 1969 bis 1976 mit fast 2.700 verkauften Exemplaren (inklusive der weitgehend baugleichen Massey-Ferguson-Modelle „Wotan“ und „1102“) das bei weitem am meisten verbreitete Modell.
Zupackende Entschlossenheit
In der weitverzweigten Fangemeinde der Oberbayern aus Forstern sind die Sechszylinder heute sehr gesucht und wechseln je nach Zustand auch schon einmal für fünfstellige Beträge den Besitzer. Georg Gösmann aus dem südwestfälischen Anröchte kann sich mit seinem Wotan II A von 1973 glücklich schätzen, denn er musste bei weitem nicht so tief in die Tasche greifen. Schon 1998 hat er ihn erstanden, für nur knapp 6.000 Mark.
In der Liebhaberszene war das Interesse damals noch nicht so groß, nur bei den Landwirten waren die Sechszylinder-Eicher beliebt und standen oft noch in vollem Einsatz. „Das waren noch keine echten Oldtimer“, wie sich Georg Gösmann erinnert. Die sind doch viel zu klobig und aufwändig, hörte er nicht selten als Argument. Dann lacht der Georg: „Man hätte damals so viele kaufen sollen, wie man kriegen konnte, dann wäre man heute Millionär.“
Aber natürlich hatte die niedrige Kaufsumme auch noch andere Gründe. Denn es war einiges zu tun, um den abgearbeiteten Giganten wieder erstrahlen zu lassen. Der gelernte Straßenbauer ist im weitesten Sinne vom Fach: Sein Vater war Lohnunternehmer mit angeschlossenem Landmaschinenhandel, und auch wenn dieser längst Vergangenheit ist, prägen solche Jugenderlebnisse für ein ganzes Leben.
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