Raubtier für zuhause

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Verkaufsgespräche
Eines Tages hörte Ehefrau Evi, dass ihr früherer Nachbar aus Holzkirchen seinen Puma hergebe. Sie witterte eine gute Gelegenheit zur Überraschung und griff selbst zum Telefon. Der Puma-Besitzer bestätigte ihr seine Trennungsabsicht.
Evi Faltlhauser bat ihren Unterreiter Nachbarn und Schwager um Hilfe. Martin Faltlhauser hat schon als Landmaschinenmechaniker die Vorzüge der Eicher-Traktoren zu schätzen gewusst. Weil sie einfach, übersichtlich sowie reparatur- und wartungsfreundlich gewesen sind. Wenn in der Werkstatt ein Eicher zu trennen war, brauchten zur Vorbereitung nur die Steckkontakte der Stromkabel abgezogen zu werden. Beim Puma muss zudem nur noch ein Belastungsgewicht unter dem Getriebe abgenommen werden. Der gelernte Landmaschinenmechaniker und Schlepper-Sammler fuhr nach Holzkirchen. Als besonders hübsch konnte man den Zustand der Puma-Lackierung nicht bezeichnen. Martin Faltlhauser: „Darauf gebe ich nicht viel. Oft sind die Schlepper sowieso überlackiert.“ Dem Hauptbrandmeister und Maschinistenausbilder bei der Feuerwehr kommt es aufs Blech und die Technik an: „I schau, ob alles geht.“ Wenn das Blech keine Dellen habe, vor allem die Kotflügel, dann spreche das dafür, dass der Besitzer auf seinen Schlepper aufgepasst habe.

Richtig gut in Schuss
Das Blech war gut. Eicher verwendete dickes Blech. So dick, dass es beim Puma bis heute nicht durchgerostet ist. Indessen weist es nur Korrosion auf den Oberflächen auf, obwohl sich in der zweiten Hälfte der 60er-Jahre die Blechqualität weltweit verschlechterte. Masse statt Klasse: Wegen der hohen Nachfrage ließ die Reinheit des Metalls nach. Die gesamte ­blechverarbeitende Industrie war davon betroffen. Von der typischen Eicher-Krankheit, den durchgerosteten Kotflügeln, bleiben Pumas aber weitgehend verschont: Wegen der Ausziehtechnik gibt es keine Verstärkungsbleche für die Kotflügel, die im Ergebnis ein Doppelblech mit Spaltmaßen ergeben. Ohne Spaltmaße keine Einlagerungen von Schmutz und Nässe, die Rost erzeugen. Das Eicher-Werk in Forstern nordöstlich von München hatte 1936 seinen ersten Traktor auf den Markt gebracht.

 

Traktoren von Bedeutung
Nach dem Krieg entwickelte sich die Gebrüder Eicher Traktoren- und Landmaschinen GmbH zu einem der bedeutends­ten Hersteller Deutschlands: Die Bayern brachten es zeitweise bis auf den fünften Rang der Zulassungsstatistik, mit einem durchschnittlichen Marktanteil von sieben bis neun Prozent. Eicher baute sein Verkaufsangebot während des Schlepperbooms in den 50er-Jahren zügig aus.
Mit Abflauen des Schlepperbooms sank jedoch der Umsatz, und die Fertigung warf kaum noch Gewinne ab. Die Produktionseinstellung der in den meisten Eicher-Schleppern verwendeten ZF-Triebwerke brachte Anfang der 70er-Jahre zusätzliche Schwierigkeiten. Der Einstieg von Massey Ferguson befreite Eicher vorübergehend aus dieser misslichen Lage, konnte den Niedergang des Traditionsunternehmens jedoch nicht aufhalten.
In Holzkirchen sprang der Puma beim ersten Knopfdruck an. Der luftgekühlte Zweizylinder EDK 2 war nicht vorgewärmt. Martin Faltlhauser: „Den Motor glang i vorher oiwei o!“ (Den Motor fasse ich vorher immer an.) Dass der Motor schwitzte, störte ihn nicht: „Das sind Gebrauchserscheinungen, die Folge verhärteter Dichtungen.“ Die lassen sich erneuern. Weder im Leerlauf noch unter Last produzierte der Motor verdächtige Signale. Das Aggregat ist eine Weiterentwicklung des ED 1a. Mit ihm hatte sich Eicher im ED 16 ein Wettrennen gegen Stihl um den ersten Schlepper mit luftgekühltem Motor geliefert.

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Raubtier für zuhause (Fotos: M. und P. Böhlke)
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