Rassiges Rundstück

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Mannesmann übernimmt
Anfang 1956 verabschiedete Allgaier sich vom Schlepperbau. Der Mannesmann-Konzern übernahm den Geschäftszweig und gründete die Porsche-Diesel Motorenbau GmbH in Friedrichshafen am Bodensee. Das im Prinzip unveränderte Einstiegsmodell trug fortan die Bezeichnung P 111. Ab September/Oktober 1957 trugen die Schlepper des Hauses klangvolle Namen statt dröger Buchstaben-Zahlenkombinationen.

Auf den P 111 folgte der Junior, der seinem Vorgänger eine auf 14 PS gesteigerte Motorleistung sowie eine neue Kraftübertragung voraushatte. Anstelle des bei Getrag gebauten Wendegetriebes eigener Konstruktion mit jeweils vier Vorwärts- und Rückwärtsgängen gelangte nunmehr „Ware von der Stange“ zum Einsatz. Das auch an andere Hersteller gelieferte ZF A-4 war günstig zu beschaffen und bot mit sechs Vorwärtsgängen eine feinere Abstufung.

Rückwärts standen zwar nur noch zwei Gänge zur Verfügung, doch wurden diese ohnehin fast nur zum Rangieren benötigt. Bei seinem Debüt wurde der Porsche-Diesel Junior in der Ausführung K mit kurzem Radstand für 5.400 DM angeboten. Wie schon beim P 111 stand alternativ eine längere Ausführung zur Wahl, die 100 DM Aufpreis kostete und als Tragschlepper ausgelegt war.

Da sie die Beschaffung der dafür geeigneten Geräte finanziell nicht stemmen konnten, mieden die meisten deutschen Käufer die Langversion. Hierzulande bestritt sie 1959 nur rund neun Prozent des gesamten Junior-Absatzes, im Export hingegen mehr als die Hälfte. Von vornherein nur einen begrenzten Kundenkreis sprach der schmalspurige Junior S an, der mit einer minimalen Außenbreite von 873 Millimetern für den Einsatz im Weinbau oder in Obstplantagen taugte.

Ein Porsche für 5.000 Mark
Bereits im Frühjahr 1958 bereitete Porsche-Diesel seiner Kundschaft ein limitiertes Sonderangebot.  Unter Verwendung von Lagerbeständen des alten Wendegetriebes wurden 150 Exemplare des Junior 4 gebaut und zum Preis von 4.950 DM angeboten. Von außen geben sich diese Schlepper an der vom P 111 übernommenen Vorderachse und den an fünf statt sechs Schrauben befestigten Hinterrädern zu erkennen.

Der zügige Abverkauf des Sondermodells ermutigte den Hersteller Ende 1958, einen neuen Preisbrecher aufzulegen. In einer breit angelegten Werbekampagne verkündete das Werk, nunmehr sein Versprechen einzulösen, den Preis des Junior zu senken, sobald dessen monatliche Fertigung 1.000 Exemplare übersteigt.

Zum Kurs von 4.980 DM gab es das neue Einstiegsmodell Junior V, das gegenüber den übrigen Typen auf optischen Zierrat verzichtete und anstelle der erhabenen Schriftzüge durch einfache Abziehbilder auf der Motorhaube gekennzeichnet wurde.
Auch die fortan in den normalen Junioren serienmäßige Strömungskupplung fehlte dem Junior V zunächst, war später jedoch gegen Aufpreis erhältlich. Ein derart aufgepepptes „Kassenmodell“ nennt Folkard Wülfers aus Syke südlich von Bremen sein Eigen.

Der seit August 1962 im Familienbesitz befindliche Schlepper gibt sich anhand der schmucklosen Motorhaube als Junior V zu erkennen, verfügt jedoch über die einst optionale Strömungskupplung und sogar über die von Haus aus nur für die Langversion angebotenen Verstellfelgen, mit denen sich die hintere Spurweite von 1.054 bis 1.750 Millimeter variieren lässt.

Die feinen Verwandten
Deutlich feiner haben sich die Junioren von Heinz-Christel Ahrens aus Riede im Landkreis Verden und Hermann Ahlhorn aus der zum selben Kreis gehörenden, kurz vor den Toren Bremens gelegenen Ortschaft Sagehorn herausgeputzt. In beiden Fällen handelt es sich um die Ausführung Junior HK mit hydraulischer Strömungskupplung und kurzem Radstand, deren rundlicher Motorhaube metallisch glänzende Zierleisten und Schriftzüge aus Aluminium zusätzlichen Glanz verleihen.

Als Heinz-Christel Ahrens seinen Schlepper kaufte, war es mit diesem Glanz allerdings nicht mehr weit her. Harter Einsatz und unerbittliche Witterung hatten dem Antlitz im Laufe der Jahre sichtlich zugesetzt. Vor allem die mit den Blecharbeiten betraute Werkstatt zeigte sich überrascht vom Aufwand der Restaurierung – die runde Form forderte ihren Tribut.

Den eingedrückten Kühlergrill passte Heinz-Christel Ahrens in Eigenarbeit an die wiederhergestellte Verkleidung an, die Schriftzüge konnte er retten, eine fehlende Zierleiste beschaffen. Allein die Klammern zur innenseitigen Arretierung an der Haube waren abgebrochen. Ersatz ist zwar erhältlich, doch bediente sich der erfahrene Restaurator und Eigner eines kleinen Oldtimer-Fuhrparks eines einfachen Tricks:

Er drehte Gewinde auf die durch das Haubenblech ragenden Stifte und befestigte die Ornamente mit von innen aufgeschraubten Muttern. Weitere dezente Optimierungen konnte er sich nicht verkneifen, da sie den Gebrauchswert des Schleppers steigern. Im Original fällt der Öffnungswinkel der Motorhaube allzu knapp aus, so dass bereits das Einfädeln einer Zapfpistole in den Kraftstofftank Schwierigkeiten bereitet.

Daher verlängerte Heinz-Christel Ahrens die Aufstellstange so weit, dass gerade eben noch keine Gefahr einer Kollision des empfindlichen Bleches mit dem Lenkrad besteht. Eigene Ideen verwirklichte er zudem mit Kunststoffkotflügeln über den Vorderrädern, die den Fahrer vor aufgewirbeltem Schmutz schützen, und einem Hitzeschild am  Auspufftopf, das schmerzhaften Verbren­nungen vorbeugt.

Erste Kontakte zum Fabrikat knüpfte Heinz-Christel Ahrens ­bereits in den 1960er-Jahren auf einer ­Kundendienstschulung des Vertriebsnachfolgers Porsche-Diesel-Renault in Friedrichshafen, welche neben den Renault-Schleppern auch die damals noch in großer Zahl im Einsatz befindlichen Porsche-Diesel-Erzeugnisse berücksichtigte. 

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Rassiges Rundstück - Text und Fotos: K. Tietgens
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