Ran an die Äpfel
Familie Ellmers lebt im Alten Land, auf der Südseite der Elbe, vor deren Mündung in die Nordsee, knapp 100 Kilometer entfernt, schon fast im Binnenland. Deiche entlang der Elbe sichern das Hinterland. Doch diesmal ist die Sicherheit nur Trug. Der Orkan „Vincinette“ zieht mit Windgeschwindigkeiten von 130 Kilometern pro Stunde in die Deutsche Bucht. Damit hat niemand gerechnet. Im Flaschenhals der Elbe staut der anhaltende Nordweststurm das aufgelaufene Wasser. Von der Fernwelle, die aus dem Atlantik heranläuft, ahnt niemand etwas. Sie wird den Wasserstand zusätzlich um einen Meter steigen lassen. Um 20 Uhr ergeht die erste Sturmflutwarnung. Küstenbewohner sind so etwas gewöhnt. Das Radio überträgt die Warnung, das Fernsehen sendet kein Wort. Von einer Gefahr für Hamburg und dessen Umgebung ist nicht die Rede. Eine Stunde später werden die ersten Sturmschäden gemeldet. Um Mitternacht sind Deichkronen überspült. Die Deiche brechen, gegen zwei Uhr sind über 50 Deichbrüche gemeldet. Das Tiefland steht unter Wasser. Die Katastrophe ist da.
Bei Familie Ellmers zeigt die Wanduhr kurz nach Mitternacht, als die Flut ihren Hof erreicht. Vier Kilometer sind es bis zum Deich. Niemand hat sie gewarnt, niemand kommt, um sie in Sicherheit zu bringen. Die Familie klettert auf den Fahr D 177 S, im Zugmaul der Anhänger mit den Tieren. Wenige Augenblicke später pflügen die Räder durchs Wasser. Am Steuer sitzt Gustav Ellmers.