Ran an die Äpfel
Seiten
Zu jedem Zug gehören zwei bis drei Erntehelfer. Die gepflückten Äpfel werden in Plastikkisten gelegt. Sie sind rechteckig und schulterbreit. Unten sind sie offen. Den Boden schließt eine weiche Kunststoffplane ab. Sie wird um die unteren Kanten der Kiste gezogen und mit Seilschlaufen befestigt. Der Sinn der Kistenkonstruktion zeigt sich, wenn die Pflücker die vollen Kisten in die Erntegroßkisten der Schlepperzüge leeren. Sie stützen die Plastikkisten gegen die Innenwände, knapp über der oberen Lage der bereits abgeladenen Äpfel. Dann lösen sie die Schlaufen und lassen die geernteten Äpfel in den Wagen gleiten.
Wiederholt mahnt Helmut Ellmers seine Erntehelfer zum behutsamen Umgang mit den Äpfeln, während er durch die Baumreihen fährt: „Das ist Tafelobst!“ So wie er das Wort „Tafelobst“ ausspricht, das sagt alles über sein Verhältnis zu Äpfeln und sein Verständnis über deren Qualität. Keine Kompromisse. Druckstellen, Flecken, Einschüsse – ein absolutes „No-Go“ beim Apfelverkauf. Wir beißen kraftvoll in zwei Golden Delicious, frisch gepflückt. Die besten Äpfel, die wir in unserem Leben gegessen haben.
Gelb und köstlich
Beim Obst gibt es keine Marken, nur Sortennamen. Erst die Handelsbetriebe ergänzen ihre Markenbezeichnungen. Die Golden Delicious sind eine Nebensorte, wie wir von Familie Ellmers erfahren. In der DDR hieß die Sorte „Gelber Köstlicher“. Helmut Ellmers erinnert sich an einen Erfahrungsaustausch mit Kollegen aus dem Osten. Die fragenden Blicke der West-Kollegen sind ihm noch in Erinnerung, als die Ost-Kollegen wie selbstverständlich über den „Gelben Köstlichen“ sprachen. Und umgekehrt, wegen des Golden Delicious. Bis bei beiden der Groschen gefallen war.
Die Hauptsorten sind Elstar, Jonagold, Red Prince, Braeburn, Rubens, Jonagored, Boskoop und Holsteiner Cox. Nach dem Einfahren der Erntezüge auf dem Ellmers-Hof werden die Großkisten mit Staplern der Hersteller Linde und Steinbock abgeladen. Deren Steuerung bedient heute Sohn Johann. Damit ist er seit dem Vormittag beschäftigt. Großmutter Gertrud prüft die Qualität der Äpfel.
Danach werden die Erntegroßkisten in den Lagerzellen gestapelt. Die Kühltemperatur ist auf die Ansprüche der Sorten eingestellt. Mit Stickstoff kann das Reifen langzeitlagernder Äpfel in die Atmosphäre eines Winterschlafs versetzt werden: „Bis zu zehn Monate“, erklärt Helmut Ellmers. Dann sind diese Äpfel auch im Frühjahr bestes Tafelobst. Der Sauerstoffgehalt darf in diesen Lagerzellen maximal ein bis eineinhalb Prozent ausmachen. Ein Mehr würde den Reifeprozess beschleunigen. Bei weniger als einem Prozent Sauerstoffanteil besteht die Gefahr der Gärung.