Star der ersten Stunde

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Sogar die Handbremse, die wie bei anderen Marken meist direkt aufs Getriebe wirkte, war ursprünglich nicht vorgesehen. Die einfachere Lösung bei Allgaier bestand aus einem Handhebel, der die Fußbremspedale herunterzog und arretierte. Der Hersteller sprach dabei von einer Standbremse. Kurt Althoff bemerkt dabei eine weitere Schwachstelle:

„Diese simple Lösung von Porsche hat sich nicht durchgesetzt, denn der Hebel war schlicht zu klein, um ordentlich Kraft auf die Pedale aufbringen zu können.“ Das brachte auf der einen Seite das Problem mit sich, dass sie den Schlepper an steilen Lagen nicht zuverlässig halten konnte.

Fast noch schlimmer war, dass der Hebel während der Fahrt aus Unachtsamkeit bewegt werden konnte. „Das passiert deutlich leichter als bei einer normalen Handbremsratsche“, bestätigt der Niedersachse die Unfallträchtigkeit der Einrichtung. Beim Hersteller sah man das ähnlich und legte noch innerhalb der ersten Serie eine echte Handbremse nach.

Auf dem Teller drehen

Die Kombination aus der patentierten Einzelradlenkung mit Lenkgetriebe von Porsche und der Einzelradbremse gestattete einen so großen Vorderradeinschlag, dass es möglich war, mit dem kurveninneren Hinterrad auf der Stelle zu wenden. Dass dieses System trotz seiner Vorzüge schon bei der zweiten Serie nicht mehr in dieser Form verbaut wurde, war offenbar der Wirtschaftlichkeit geschuldet.

Ab 1952 kam eine von ZF zugekaufte Einfingerlenkung zum Einsatz. Kurt Althoff hat eine weitere Gefahrenquelle im Umgang mit dem AP 17 am eigenen Leib erfahren. Der Hebel für die Differentialsperre ist winzig klein, liegt dafür aber an einer exponierten Position. Zum Einrasten reicht eine kleine Bewegung aus.

Der 66-Jährige berichtet: „Ich bin da mal währende der Fahrt mit dem Fuß drangekommen und habe sie unachtsam aktiviert. Plötzlich bin ich in der Kurve mehr oder weniger geradeaus gefahren. Zudem geht die Sperre auch nur sehr schwer wieder raus.“

Knapp kalkuliert

Zwischen den ersten Lizenzverträgen von Porsche und Allgaier und der Aufnahme der Serienfertigung verging nicht annähernd ein Jahr. In diesem Zeitraum mussten die Konstruktionspläne umgesetzt werden. Für die besonderen Herstellungsverfahren wurden teilweise eigene Maschinen gefertigt.

Da verwundert es kaum, dass die frühen Exemplare unter Kinderkrankheiten litten, die zu zahlreichen Reklamationen führten. Allgaier merzte die Schwachstellen in der laufenden Serie aus. Dabei handelte es sich nicht um gravierende Probleme in der Grundkonstruktion, sondern um fertigungstechnische Schwachstellen.

Trotz der simplen Ausstattung waren die Auftragsbücher schnell gefüllt und noch im ersten Jahr wurden 1.550 Einheiten verkauft. Bis Ende 1951 wurde der Erstling unverändert produziert. Der erstaunlich niedrige Einstiegspreis war wohl trotz der Einfachheit des Grundmodells sowie der Tatsache, dass viele Extras gesondert berechnet wurden, gerade eben kostendeckend. Die ungefederte Vorderachse war aus einfachen aber massiven Rohren zusammengesetzt. Produktionstechnisch und im Hinblick auf den Transport hatte dies nur Vorteile.

Die Achse war teleskopierbar. Außerdem konnten die Fahrzeuge für die Auslieferung besser zerlegt werden. In den Vorderradnaben liefen Kegellager statt einfacher Buchsen. Das war technisch etwas aufwendiger – und entsprechend teurer. Für die Lackierung (Aufbau in Signalorange RAL 2010, Felgen in Rubinrot RAL 3003) wurde anstelle kostspieligen Autolackes eine günstige, matte Maschinenfarbe verwendet.

Sogar eine Schmalspurausführung wurde lanciert, ebenso wie eine recht futuristisch anmutende vollverkleidete Version für Pflegearbeiten im Obstbau. Sie sollte beim Durchfahren der Kulturen Bruchschäden an den Bäumen verhindern.

Von Allgaier zu Porsche-Diesel

Mit gravierenden Änderungen wartete die zweite Serie auf und wurde schnell ein weiterer Erfolg für Allgaier. Bis zum Jahr 1955 verließen nicht weniger als 50.000 Schlepper die Fabriken in Friedrichshafen und Uhingen bei Göppingen. Trotzdem gab das Unternehmen den Geschäftszweig 1956 an den Mannesmann-Konzern ab.

Dieser setzte fortan voll auf die Zugkraft des Namens Porsche. Mit der Umbenennung in die Porsche-Diesel-Motorenbau GmbH erhielten auch die Produkte den schon damals klangvollen Markennamen. Bleibt abschließend nur noch die Frage: Wie kommt der Kurt auf den AP 17? Wollte sich der Niedersachse etwa nur in der Szene einen Namen machen mit dem legendären Urahn aller Porsche?

Weit gefehlt. Da kommt der 66-Jährige richtig ins Sinnieren: „Als kleiner Junge – ich war erst sieben Jahre alt – habe ich darauf das Treckerfahren gelernt. Unser Nachbar hatte 1954 genau solch einen AP 17, und das war fortan mein Lieblingsschlepper. Denn seinen Ersten vergisst man nie. Als ich dann vor 15 Jahren dieses Exemplar aus Cuxhaven kriegen konnte, habe ich keine Sekunde gezögert. Dass es sich um eine Frühgeburt handelt, habe ich erst viel später an der niedrigen Seriennummer gemerkt.“

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Star der ersten Stunde - TEXT und FOTOS: Bodo Wistinghausen
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