Chronik 1950: Teil 6 - Nachlese
Im D 28 verwendete Hermann Lanz wahlweise einen luftgekühlten Motor – ohne großen Erfolg.
Die meisten Hersteller hatten erst einmal alle Hände voll zu tun, ihre teilweise eiligst zusammengeschraubten Messeneuheiten so weit zu verfeinern, dass sie den Anforderungen der Serienfertigung entsprachen und man sie weitgehend bedenkenlos den anspruchsvollen Kundenhänden überlassen konnte.
Besonders viel hatte sich Allgaier vorgenommen, wo nun gleich zwei komplette, konstruktiv unterschiedliche Neuheiten – der kleine AP 17 und der große A 40 – zur Serienreife zu trimmen waren. War der AP 17 zu schwach und/oder wollte man aus Angst vor „Kinderkrankheiten“ der Neulinge lieber auf Bewährtes zurückgreifen, konnte man nach wie vor den altbekannten Allgaier R 22 kaufen (siehe TC 5/2009), der sich seit der DLG-Ausstellung in einem dem A 40 ähnlichen Blechkleid präsentierte.
Bereits im August 1950 wurde dieses nochmals geändert, um fortan den Wassereinfüllstutzen der Verdampfungskühlung und – dank niedrigerer Bauweise – ein größeres Sichtfeld freizugeben. Damit hatte der ab Oktober 1950 als A 22 angebotene Schlepper sein endgültiges Gesicht erhalten und hielt sich für fast zwei weitere Jahre im Programm.
Luftkühlung bei Hermann Lanz
Bei Hermann Lanz in Aulendorf fand die Kosmetik unter der Motorhaube statt. Deutz baute nunmehr den luftgekühlten Zweizylindermotor F2L514 (siehe TC 4/2010), in dem die oberschwäbischen Schlepperbauer eine gute Alternative zum wassergekühlten MWM-Südbremse-Motor ihres seit 1948 angebotenen Flaggschiffes D 28 sahen. Damit sprang man frühzeitig auf den Zug der Luftkühlung auf, doch fand die neue, D 28 L genannte Variante in den folgenden sechs Jahren gerade einmal 50 Kunden.
Erst später, ab 1953 konnte das inzwischen unter dem Namen „HELA“ firmierende Unternehmen mit luftgekühlten Schleppern kleinerer Leistungsklassen recht beachtliche Erfolge feiern. Die Leistung der großen Hermann-Lanz-Modelle – um 30 PS – wünschten sich nicht wenige MAN-Kunden für ihre Schlepper, zumal der optionale Allradantrieb des bislang angebotenen 25-PS-Modells AS 325 (siehe TC 4/2008) schwere Einsätze nahelegte.
Kräftesteigerung bei MAN
MAN erreichte das Ziel durch Hubraumerweiterung des bekannten Vierzylindermotors eigener Fertigung auf knapp drei Liter und konnte sich daran erfreuen, dass das bereits im 25er verwendete ZF-Getriebe A-15 ohnehin für 30 PS ausgelegt war. Somit ergaben sich die neuen Typen AS 330 H mit Hinterrad- und AS 330 A mit Allradantrieb, während die 25-PS-Version nur als hinterradgetriebener AS 325 H im Programm verblieb. In der Folge begnügten sich die meisten Hinterrad-Interessenten mit der schwächeren Variante, während der 30-PS-MAN bevorzugt mit Allradantrieb geordert wurde.
Ensinger nimmt Abschied
Die Firma Ensinger im Hessischen Michelstadt (Odenwald) stieg nach kaum zwei Jahren bereits wieder aus dem Schlepperbau aus und verkaufte Konstruktionen und Fertigungseinrichtungen (Maschinenpark sowie Werkzeug) für 97.120 DM an die Bischoff-Werke KG, Recklinghausen.
Das 1899 von Theodor Pfingstmann gegründete und seit 1938 unter dem Namen Bischoff firmierende Unternehmen war bislang vor allem mit Fördermitteln für den Bergbau im Geschäft. Da die Umsätze in diesem Bereich rückläufig waren, versprach man sich vom Einstieg in den Schlepperbau eine bessere Auslastung der Fabrikanlagen.
Das 1899 von Theodor Pfingstmann gegründete und seit 1938 unter dem Namen Bischoff firmierende Unternehmen war bislang vor allem mit Fördermitteln für den Bergbau im Geschäft. Da die Umsätze in diesem Bereich rückläufig waren, versprach man sich vom Einstieg in den Schlepperbau eine bessere Auslastung der Fabrikanlagen.
Bischoff griff bald wieder komplett auf zugelieferte Getriebe zurück, erweiterte seine Modellpalette bereits im folgenden Jahr erheblich und blieb dennoch kaum mehr als ein Zaungast des turbulenten Geschehens auf dem Schleppermarkt. Etwas erfolgreicher agierte man später mit Baumaschinen.
Sülchgau erzielt Achtungserfolg
Ebenfalls ein Nebenschauplatz des Schlepperbaus blieb die Stadt Rottenburg am Neckar. Unter dem von einer historischen Gemarkungsbezeichnung inspirierten Namen „Sülchgau-Maschinen“ fertigte Alfons Schultheiss hier in der ersten Hälfte der 50er-Jahre eine Reihe von Kleinschleppern. Erstes Modell war der T 9, dessen liegender Güldner-Einzylindermotor mit Verdampfungskühlung arbeitete und seine Kraft über eine Kette an ein Vierganggetriebe abgab.
Wahlweise wurde ein ähnlich aufgebauter Motor der Firma Sendling angeboten, der jedoch nur in drei von insgesamt 260 Exemplaren zum Einsatz gelangte. Die in knapp drei Jahren erreichte Produktionszahl mutet insofern beachtlich an, als dass Schultheiss auf die Präsenz auf großen Ausstellungen verzichtete und fast ausschließlich regional für seine Erzeugnisse warb.
Text: Klaus Tietgens