Chronik 1950

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Ritschers Abkehr vom Dreirad
Der im Dezember 1949 vorgestellte Ritscher 415 erweiterte das Angebot seines im Krieg nach Sprötze umgesiedelten Herstellers nicht nur nach unten, sondern leitete zugleich die Abkehr von der Dreiradbauweise ein. Denn anders als in der 22-PS-Klasse wurde kein dreirädriges Pendant angeboten und die Lenkung war mit schrägstehender Säule sowie von ZF zugekauftem Lenkgetriebe gänzlich konventioneller Bauart. Von den größeren Modellen übernahm man das im eigenen Werk hergestellte Vierganggetriebe mit von 1.250 bis 2.000 Millimeter verstellbarer Spurweite an der Hinterachse. MWM-Motoren verwendete Ritscher bereits seit 1948, nun jedoch erstmals mit nur einem Zylinder und Wirbelkammer- statt Vorkammerverfahren. Dass der 415 bis Ende des Jahres lediglich 16 Käufer fand, war vor allem der bereits Anfang 1950 eingeführten Serie „500“ mit Fünfganggetriebe und neuem Design geschuldet.

Dauerhaft großer Nachfrage erfreute sich ein in der gleichen Leistungsklasse angesiedelter Neuling aus Österreich. Mit dem Typ 80 ergänzte Steyr seinen seit 1947 mit Erfolg angebotenen 180 (siehe auch TC 3/2008) nach unten. Beim Motor WD 113 handelte es sich praktisch um die auf einen Zylinder „halbierte“ Version des großen Bruders. Auch das Getriebe war leichterer Bauart und verfügte nur über vier Vorwärtsgänge. An der Ausstattung hatte man allenthalben gespart und sogar die Kotflügel auf einfache Schutzbügel reduziert. Damit blieb der Steyr 80 für weite Käuferkreise erschwinglich und überzeugte letztendlich auch durch seine solide, anspruchslose Mechanik.

Die Spurweite war auf Wunsch im weiten Bereich von 1.050 bis 1.750 Millimeter verstellbar. Neben der Standardausführung mit Bereifung 8-24 oder 9-24 war gegen 2.000 ÖS Mehrpreis der  sogenannte Hackfruchtschlepper 80 a mit Hinterrädern im Format 8-36 lieferbar. Bereits im folgenden Jahr wurde der Typ 80 in 2.668 Exemplaren gefertigt, und 1956 überstieg die Jahresproduktion gar die Marke von 11.000 Einheiten. Die sämtlich auf dem Typ 80 basierenden Steyr-Einzylinder wurden bis 1977 gefertigt und erreichten eine Gesamtproduktion von 94.141 Exemplaren.

Klaus Tietgens

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