Chronik 1949 - Teil 9

Weiterhin bestimmten einfache Konstruktionen das Geschehen der ausgehenden 40er-Jahre. Deutz begründete den Erfolg seiner luftgekühlten Schlepper und Hermann Lanz fand zurück in die kleine Leistungsklasse. Alpenland, Kämper, Titus und Trabant blieben hingegen Nebenschauplätze.

 
Primus-Schlepper – wie dieser 15-PS-Typ – wurden nun auch von Peter A. Titus in Worms gebaut © Klaus Tietgens
Primus-Schlepper – wie dieser 15-PS-Typ – wurden nun auch von Peter A. Titus in Worms gebaut

Die Monatsproduktion der gesamten deutschen Hersteller lag im zweiten Halbjahr 1949 stabil über 2.000 Einheiten. Damit wurde man der unter anderem durch das Zentral-Landwirtschaftsfest in München angeheizten Nachfrage teilweise gerecht, doch hatten nicht alle Neuerscheinungen Erfolg.

Alpenland GS 15

Seit den 30er-Jahren verfolgten die Gebrüder Schröter die Idee eines traktionsstarken Gespanns aus Schlepper und Anhänger. Ergebnis war der auf dem Landwirtschaftsfest vorgestellte Alpenland GS 15 mit mechanischem Kraft­heber, der nicht nur den Anbau von Arbeitsgeräten, sondern auch die starre Verbindung mit einer Anhängerdeichsel ermöglichte. Dadurch konnte das Gewicht des Anhängers auf die Hinterachse des Zugfahrzeugs übertragen werden, bis die Vorderräder vom Boden abhoben. Dank der gleichsinnigen Vierradlenkung mit im Vergleich zu den Vorderrädern geringerem Einschlag der Hinterräder war mit und ohne Bodenkontakt der Vorderachse eine exakte Steuerung des Gespanns möglich, wenn auch mit recht großem Wendekreis. Außerdem konnten Anbaugeräte bei der Feldarbeit direkt in die gewünschte Richtung gelenkt werden, ohne zuvor im entgegengesetzten Sinn auszuschwenken. Für den Antrieb des GS 15 sorgte der MWM-Einzylindermotor KD215E mit 14 PS, für die Kraftübertragung eine Eigenkonstruktion mit Teilen nicht mehr benötigter Militärfahrzeuge. Mit 6.950 DM war der Alpenland kaum teurer als gleichstarke Konkurrenten, doch ließen sich seine Vorteile nur mit einem speziellen Anhänger komplett nutzen. Nicht zuletzt deshalb erzielte er mit 243 Neuzulassungen im folgenden Jahr nur einen Achtungserfolg und verschwand auch wegen des bald ausbleibenden Nachschubs der aus Armeefahrzeugen entnommenen Baugruppen um 1952 vom Markt. Größere Bedeutung erlangte der anfangs für 6.600 DM angebotene, vom gleichen MWM-Motor angetriebene D 14, mit dem die Firma Hermann Lanz aus dem oberschwäbischen Aulendorf in die für sie wichtige kleine Klasse zurückkehrte. Das Fünfganggetriebe entstammte der eigenen Fertigung.

Deutz macht sich Luft

Ein direkter Konkurrent des D 14 hieß F1L514/50. Nachdem sich der luftgekühlte Vierzylinder-Dieselmotor seit 1944 bewährt hatte, kam der davon abgeleitete, 15 PS starke Einzylinder nun erstmals in einem Schlepper zum Einsatz. Mit dem Entfall des Kühlwasserkreislaufs gehörten entscheidende Störungsquellen – das Überkochen und das oftmals schwere Schäden nach sich ziehende Einfrieren des Kühlsystems – der Vergangenheit an. Neu waren auch das Design der Motorhaube und die gefederte Vorderachse, während das Vierganggetriebe unverändert vom Vorgänger, dem legendären „11er“ F1M414 übernommen wurde.

Mit der Markteinführung im Februar 1950 war Deutz zwar nicht der erste Hersteller luftgekühlter Schlepper (siehe Eicher und Stihl in TC 4/2008), sollte auf diesem Gebiet jedoch die größte Bedeutung erlangen.

Primus-Derivate von Titus

In Worms hatte Peter A. Titus ein Primus-Montagewerk gegründet, in dem keinesfalls nur Kopien der Produkte des Miesbacher Stammhauses gefertigt ­wurden. Durch Zukauf von ­wasser­gekühlten Deutz- und MWM-Motoren sowie Getrieben von Renk, ZF und ab dem kommenden Jahr auch von Hurth stellte Titus praktisch aus dem Stand eine breit gefächerte Modellpalette von 11 bis 36 PS auf die Räder. Die Stückzahlen blieben allerdings gering und es bleibt fraglich, ob tatsächlich alle angebotenen Varianten verkauft wurden.

Zumindest in einem Exemplar wurde der in der Tabelle beschriebene U35G5 mit dem Deutz-­Motor F2M417 und dem ZF-Getriebe ­A-15 realisiert. Nach Werksangaben war er über eine halbe Tonne leichter als der identisch motorisierte, wenngleich großzügiger bereifte Deutz F2M417/49. Auch der Berliner Motorenhersteller Kämper bekundete seine Absicht, in den Schlepperbau einzusteigen und erprobte ein 24-PS-Modell in Acker- und Straßenausführung. Der Triebstrang bestand aus einem recht großvolumigen Einzylindermotor und einem Vierganggetriebe eigener Fertigung. Nicht zuletzt die unsichere Position Berlins als Wirtschaftsstandort brachte Kämper in finanzielle Schwierigkeiten und damit nach nur zwei Prototypen das Ende des ehrgeizigen Projekts.

Vermutlich ebenfalls im Vorserienstadium blieb der Trabant 1 stecken, für den zunächst die Traktorenbau GmbH Buchholz (Kreis Harburg) und ab September 1949 der „Traktorenbau Hamburg 1“ verantwortlich zeichneten. Beachtung verdient der V2-Motor der bislang vor allem für Schiffsantriebe bekannten Kieler Motoren- und Maschinenfabrik Bohn & Kähler, der seine Kraft an das ZF-Getriebe A-15 abgab. In der gleichen Leistungsklasse war der seit September 1949 gebaute Fahr D 30 angesiedelt, der sich von seinem Vorgänger D 28 (siehe TC 4/2008) durch die auf 30 PS gesteigerte Leistung des Güldner-Motors unterschied.

Text: Klaus Tietgens

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