Chronik 1949 - Teil 5
Mit dem ID 33 beschickte MIAG den schrumpfenden Markt für leichte Straßenschlepper
Hatten die deutschen Hersteller 1948 nur 7.978 Schlepper – davon 751 für den Export – produziert, stieg diese Zahl 1949 auf 24.240 an, wovon 2.244 Einheiten, also wiederum knapp zehn Prozent, exportiert wurden. Bereits in den ersten Monaten wurden recht beachtliche Ergebnisse erzielt: In der oberen Leistungsklasse lag vor allem die Hanomag gut im Rennen, deren R 40 nach über sechs Jahren noch taufrisch wirkte. Darunter hatte man mit dem 1937 auf Basis von Komponenten aus dem Automobilbau entstandenen, etwas improvisiert wirkenden RL 20 hingegen einen schweren Stand.
Hanomag-Meilenstein R 25
Somit konzentrierten sich die Bemühungen der Entwicklungsabteilung auf kleinere Leistungsklassen. Als Ergebnis konnte im Frühjahr 1949 der R 25 präsentiert werden, der den Übergang vom reinen Zugschlepper zur vielseitigen Arbeitsmaschine markierte.
Wie beim R 40 verfügte das Getriebe über fünf Vorwärtsgänge. Der Motor war in einem am Kupplungsgehäuse befestigten Halbrahmen gelagert, an dem sich zudem Arbeitsgeräte befestigen ließen. Zusammen mit dem optionalen, hierzulande noch weitgehend unbekannten hydraulischen Kraftheber ergab sich eine geschlossene Einheit aus Schlepper und Anbaugerät. Für den Antrieb sorgte zunächst noch der aus dem RL 20 übernommene Dieselmotor, doch standen bereits neue Zwei-, Drei- und Vierzylinder in den Startlöchern. Bei der seit knapp drei Jahrzehnten im Schlepperbau tätigen Hanomag gehörte es zum guten Ton, möglichst viele Teile im eigenen Werk zu fertigen.
Für kleinere Unternehmen und Neueinsteiger war dieses Vorgehen eher ungewöhnlich, doch bildete die bislang in erster Linie für Waschmaschinen und Wäscheschleudern bekannte Firma Zanker eine Ausnahme.
Hohe Fertigungstiefe: Zankers M 1
Auf während des Krieges unternommene Versuche mit Holzgasschleppern folgte nun ein komplett neuer Dieselschlepper, dessen Einzylinder-Zweitaktmotor mit Thermosyphonkühlung unter Federführung des Ingenieurs Christian Schaal entstanden war. Sorgte in den ersten Prototypen offensichtlich das bewährte ZF-Getriebe A-12 für die Kraftübertragung, ersetzte man für die Serie auch dieses durch eine Eigenentwicklung.
Eigens zur Vorstellung des neuen Ackerschleppers „M 1“ initiierte Zanker im Januar 1949 in seiner Heimatstadt Tübingen eine der ersten deutschen Fahrzeugausstellungen der Nachkriegszeit. Der Weg zur Serienreife war noch lang, doch bereitete vor allem der Vertrieb Schwierigkeiten, bis man gegen Ende des Jahres den Landmaschinenhersteller Bautz als leistungsfähigen Partner fand. Wirtschaftliche Zwänge sorgten auch dafür, dass die im oberbayerischen Warngau ansässige Firma Schneider nur kurzzeitig im Geschäft blieb.
An der Konstruktion des Modells Mo 22 mit bewährten Komponenten wie dem Zweizylinder-Zweitakt-Dieselmotor Hatz A2 und dem ZA/Renk-Getriebe SG 22-4 wird das wohl weniger gelegen haben, als an organisatorischen Gründen und knappen finanziellen Mitteln.
Ensinger, Deuliewag und MIAG
Über die gleiche Kraftübertragung verfügte der bereits seit einigen Monaten in Michelstadt (Odenwald) gebaute Ensinger AS 20, doch gelangte hier der weitverbreitete Zweizylinder-Viertaktmotor KD215Z der Motorenwerke Mannheim (MWM) zum Einsatz. Auf diesen Antrieb griffen unter anderem auch die bereits aus Vorkriegszeiten bekannten Hersteller Deuliewag und MIAG zurück. Die Deuliewag (Deutsche Lieferwagen-Gesellschaft) hatte den aufgrund der politischen Verhältnisse nunmehr ungünstigen Standort Berlin aufgegeben und 1947 in Lübeck-Siems eine geeignete Produktionsstätte gefunden.
Unter der elegant gezeichneten Motorhaube des D 24 und des höher bereiften D 240 verbarg sich die unter anderem auch bei Ensinger realisierte Kombination aus MWM-Motor und Renk-Getriebe. Im einem ungleich konventionelleren Blechkleid kamen die stärkeren Modelle D 30 und D 35 daher, ersterer mit dem Güldner-Zweizylindermotor 2 F und Renk-Getriebe, letzterer mit dem MWM-Dreizylinder KD 215 D und dem ZF-Fünfganggetriebe A-15. Die MIAG (Mühlenbau und Industrie AG) ließ ihre Schlepperfertigung im bereits 1937 von der Automobilfabrik Röhr übernommenen Werk Ober-Ramstadt wieder aufleben. Die Ackerschlepper AD 22 und AD 33 kombinierten die bekannten Zwei- und Dreizylindermotoren MWM KD215Z und KD215D mit Renk-Getrieben. Der Dreizylinder trieb auch den in Rahmenbauweise ausgeführten Straßenschlepper ID 33 mit geschlossener Fahrerkabine und ZF-Schaltgetriebe an.
Text: Klaus Tietgens