Auf alle Fälle Deutz

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Endlich hat der Fahrer den Getreideanhänger am richtigen Ort. Er kurbelt die Ladefläche in Schrägstellung und langsam rieseln die Körner in den Schacht, wo sie von einer Schnecke in die Mühle befördert werden. Nun ist ein wenig Zeit, bis die nächste Fuhre vom Feld anrollt. „Wollt ihr eine Runde mitfahren?“, ruft er zu den Jungen hinüber. Keine Frage, darauf haben die drei nur gewartet.

Einer der Jungen ist Jochen Zitzmann, Urenkel von Gustav  Zitzmann. 1898 hatte dieser die 1848 erbaute Getreide-Mühle ersteigert. Angetrieben wurde sie durch die Wasserkraft des Flusses Apfelstädt. Das ist auch heute noch so, wenngleich das Wasser allein längst nicht mehr genug Energie liefert und durch einen Dieselmotor mit Kraft-Wärmekopplung ergänzt wird.

Einen Motor für den Antrieb der Mühlenwelle gab es bereits zu Beginn der 30er-Jahre. Es war ein stehender Deutz-Einzylinder-Diesel, der in heißen Sommern bei Niedrigwasser oder bei klirrendem Frost, wenn die Apfelstädt zugefroren war, angelassen wurde. Es war die erste Maschine mit „Deutz“-Typenschild auf dem Hof. Sie lief bis in die 50er-Jahre, als die Stromversorgung auf dem Lande endlich einigermaßen stabil war, und sie durch einen Elektromotor ersetzt werden konnte.

Nur noch Schrott?
„So hat das alles angefangen“, sagt Jochen Zitzmann, heute 44 Jahre alt und seit langem begeisterter Freund und Besitzer von Deutz-Traktoren. „Mich haben diese Schlepper von Anfang an ungeheuer fasziniert. Dabei war der kleine 11er-Deutz zum Rangieren offiziell schon Altmetall. Es gab wie für alles in der DDR ja auch einen Plan zur Schrott-Sollerfüllung. Da war der 11er-Deutz aufgeführt, aber hingegeben haben wir anderes Metall, Hauptsache das Gewicht stimmte“, sagt Jochen. „Nur einmal haben wir nicht aufgepasst. In der Scheune beim Pfarrer hatten wir einen 50er-Deutz hinterstellt, völlig zugebaut mit Brennholz und anderen Sachen, die sich halt in einem Schuppen auf dem Land so ansammeln. Das war der schönste Deutz, den ich je vor Augen hatte. Blauer Lack, herrlich! Der sollte Ersatzteilspender sein für unsere Schlepper. Aber eines Tages war er weg – Schrott!“ 

Für Jochen steht schon am Ende der Schulzeit fest, dass er wie seine Vorfahren Müller werden will. 1982 bis 1984 besucht er deshalb die Berufsschulen in Halle (Saale), Kamenz und Bautzen und ist nach dem Abschluss „Facharbeiter für die Be- und Verarbeitung von Körnerfrüchten“ – so hieß das damals offiziell in der DDR. Danach studiert er in Greiz und 1987 macht er sein Diplom als Ingenieur für Getreidewirtschaft.
Während dieses Studiums, 1985, besucht Jochen Zitzmann zum ersten Mal ein Oldtimer-Treffen. In Neschwitz bei Bautzen findet es statt unter dem Motto „Reminiszenz an altes Eisen“. Der Vater redet ihm zu: „Fahr da ruhig mal hin!“ Und er redet nicht nur, er borgt Jochen auch sein Auto.

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Jochen Zitzmann und sein Deutz
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