Chronik 1950 Teil 3
Mit dem auf Basis des größeren NG 23 K enstandenen NG 15 L stieg Normag in die wichtige 16-PS-Klasse ein.
Nach wie vor genossen bei den meisten Herstellern Kapazitätserweiterungen zur Begegnung der explodierenden Nachfrage Priorität. So überstieg die monatliche Schlepperproduktion Westdeutschlands im Frühjahr 1950 die Marke von 3.000 Einheiten und lag damit doppelt so hoch wie im Vorjahr. Das wachsende Angebot und erste Erfahrungen mit der Motorisierung ließen aber auch die Ansprüche der Kunden steigen. Dem Konkurrenzvergleich ausgesetzt, sahen sich die Hersteller zu stetigen Verbesserungen und Erweiterungen ihrer Modellpaletten genötigt und wurden dabei oft von der Zulieferindustrie unterstützt.
Georg R. Wille gehörte einst zu jenen Herstellern, die ausrangierte Armee-Jeeps zu Behelfsschleppern umbauten. Derartige Improvisationen waren nun jedoch nicht mehr gefragt, sodass man 1950 die beiden „Diesel-Stiere“ 20 und 21 einführte, die von ein- bzw. zweizylindrigen Zweitakt-Dieselmotoren des Herstellers Hatz angetrieben wurden. Anstelle eines einfachen Blechschildes trat eine komplette, zur Wahrung guter Sichtverhältnisse relativ schmale Kühler- und Motorverkleidung. Größter Trumpf war nach wie vor der Allradantrieb (bemerkenswerterweise mit gefederter Vorderachse), wobei weiterhin Getriebe und Achsen ausrangierter Militärfahrzeuge verwendet wurden.
Normag baut MWM-Motor um
Die Normag-Zorge GmbH hatte ungeachtet der Umzugswirren der Nachkriegszeit – zunächst von Nordhausen nach Zorge (Südharz) und schließlich nach Hattingen (Ruhr) bereits mit interessanten Konstruktionen auf sich aufmerksam gemacht. Nun erfuhr das zunächst nur aus dem 25 PS starken NG 23 K (siehe TC 5/2008) bestehende Programm eine Ergänzung in beide Richtungen. Höhere Leistungsansprüche erfüllte der NG 33 mit dem im Münchener Südbremse-Werk gebauten MWM-Motor TD 15. Mit dem kleinen NG 15 L stieg man hingegen endlich in die wichtige 16-PS-Klasse ein. Für den Antrieb sorgte eine auf einen Zylinder „halbierte“ Version des auf einer MWM-Lizenz beruhenden Zweizylinders im NG 23 K. Bei dieser „Halbierung“ war Normag genug eigene Schritte gegangen, um für den Einzylinder keine Lizenzgebühren an die Motorenwerke Mannheim (MWM) entrichten zu müssen. In Mannheim erregte diese Vorgehensweise verständlicherweise Missfallen, da man dort einen sehr ähnlichen, exakt hubraumgleichen Motor baute. Mit genau diesem MWM-Einzylinder trat unter anderem die Firma Degenhart an.
Eicher 25
Eichers Klassiker war der seit 1938 zunächst mit Prometheus- und später auch mit ZF-Vierganggetriebe angebotene Typ 22 mit dem wassergekühlten Deutz-Zweizylindermotor F2M414. Ab 1950 lieferte Deutz diesen Motor mit auf 25 PS gesteigerter Leistung, was zum Eicher 25 führte, der noch bis 1955 im Programm verbleiben sollte. Für die Kraftübertragung sorgten nun Vier- und Siebenganggetriebe von Renk oder das ZF-Fünfganggetriebe A-15.
MWM hatte den direkt mit dem Deutz F2M414 konkurrierenden Zweizylindermotor KD215Z jüngst zum KD415Z weiterentwickelt, der nun ebenfalls 25 PS bei 1.500 U/min bereitstellte. Dieser verbesserte Antrieb und eine einteilige Motorverkleidung unterschieden das neue Fendt Dieselross F 25 P von seinen 22/24 PS starken Vorgängern. Kam in den ersten Prototypen noch das ZF-Vierganggetriebe A-12 zum Einsatz, bevorzugte man für die Serie das modernere A-15 mit fünf Vorwärtsgängen. Neben der Standardvariante F 25 P – das P stand für Passau, den Herkunftsort des Getriebes – mit 24-Zoll-Rädern war die Hochradversion F 25 PH mit Hinterrädern im Format 9.00-40 lieferbar.
Mit den gleichen Radgrößen gab es den einst recht erfolgreichen, im Neusser Werk der International Harvester Company (IHC) gefertigten Farmall FG. Mit stromlinienförmiger Motorverkleidung und markanter roter Lackierung verlieh man dem Schlepper im April 1950 eine modernere – bei den amerikanischen IHC-Produkten bereits seit 1939 gültige – Optik, mit elektrischem Anlasser zudem eine Portion Bedienkomfort. Dennoch blieben die Verkaufszahlen im Keller. Schuld daran war der Ottomotor, für den kein steuerbegünstigter Traktorentreibstoff mehr erhältlich war, während der Betrieb mit Benzin wegen der Besteuerung und des hohen Verbrauchs zu teuer war. Folglich warteten Händler und Kundschaft händeringend auf Dieselmotoren.