Am Blech des Super B 309

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Kotflügel herrichten
Beim Rückbau mussten alle mit anpacken, da die Teile recht groß und sperrig waren. Sie mussten ja größtenteils gespannt, verschweißt, gerichtet, mit dem Vorschlaghammer bearbeitet und im Rohzustand wieder am Schlepper eingepasst werden – das war alleine einfach nicht zu bewerkstelligen. Als gutes Hilfsmittel erwiesen sich Rudis Doppel-T-Träger, die hierbei als stabile und stützende Unterkonstruktion dienten. Um die stark mitgenommenen Kotflügel richten zu können, bauten Rudi und Lothar kurzerhand aus den vorhandenen Doppel-T-Trägern eine Richtbank.

Damit Hydraulikzylinder angesetzt werden konnten, mussten in die Innenseite der Kotflügel provisorisch Haltepunkte eingeschweißt werden, die nach dem Richten wieder entfernt wurden. Während Timo mit der Handpumpe Druck auf die Zylinder gab und somit die Kotflügel auseinander presste, erwärmten Rudi und Lothar mit dem Schweißbrenner die Flacheisen und halfen teilweise mit Vorschlaghämmern nach, um die gewünschte Form zu erhalten (Bild links).

Nach dem Richten wurde der Kotflügel über den Flacheisen aufgetrennt, vom dazwischen liegenden Rost befreit und wieder verschweißt. Dirk behandelte den Kotflügel zusätzlich komplett mit einem Rostumwandler (Fertan), damit bekam er auch das letzte Fitzelchen Rost weg.

Ausbeulen – gewusst wie!

Nach der Grobarbeit wurden die Kotflügel mit Schweißbrenner, Hammer und Lothars Handamboss ausgebeult. Die anschließende Feinarbeit mit Karosseriespachtel übernahmen Dirk und Lothar gemeinsam (Bild oben rechts).

Das Ausbeulen ist eine Wissenschaft für sich – hier sind Erfahrung und Spezialwerkzeug gefordert. In Lothars Ausbeul-Set befindet sich alles, was ein ­Karosseriespengler dafür braucht: ­Rillenhammer, Handamboss, Gummihammer, Glättkeil, Rundeisen, selbst ­an­gefertigte Holzschablonen, Karosseriehobel, Rundblei und Metallfeile (Bild unten rechts). „Ausbeulen tut man immer im Kaltzustand”, erklärt Lothar die Vorgehensweise, „nur wenn das Blech verzogen ist, punktiert man mit einem Autogenschweißgerät“. Dass hierzu reichlich Erfahrung gefordert ist, wird schnell klar: „Man muss genau wissen, auf welchen Punkt man die Schweißflamme halten muss, damit sich eine Beule oder Verspannung in die gewünschte Richtung bewegt. Man erhitzt ja nur punktweise mit dem Schweißgerät, dann wird die betreffende Stelle wieder mit kaltem Wasser abgeschreckt – das muss genauestens dosiert sein, denn im Moment des Abkühlens bleibt das Blech in exakt dieser Position stehen und stabilisiert sich.

Auf diese Weise kann man ein verzogenes Blech wieder richten. Beulen und Rundungen werden dagegen mit geeignetem Werkzeug zurecht geklopft. Mit einem Handamboss hält man dabei dagegen. Speziell bei der Motorhaube musste ich viel mit Rillen- und Gummihammer arbeiten, um wieder eine nahezu gerade Oberfläche und die ursprünglichen Rundungen an den Kanten hinzubekommen. Um das Blech zu klopfen, sollte man unbedingt einen Rillenhammer verwenden, da er das Material von der Struktur her nicht verändert. Mit einem flachen Hammer kann es passieren, dass man das Blech regelrecht „zerklopft“, das heißt, es dehnt sich nach außen aus und wird an der gehämmerten Stelle dünner.“
Für die Rundung der Kanten entlang der Motorhaube benutzte Lothar ein Rundeisen als Formgeber und zum Klopfen einen Gummihammer. Hierzu wurde die Haube umgedreht, mit der gewölbten Seite nach unten, und das Rundeisen entlang der Kante angelegt. Mit dem Gummihammer bearbeitete Lothar die Kanten so lange, bis die ursprüngliche Rundung wieder hergestellt war. Damit die Haube später nicht abstehen würde, musste sie mit der Kante am Armaturenbrett angepasst und auf das entsprechende Spaltenmaß ausgerichtet werden. Erst dann konnte Dirk das Lackieren vorbereiten.

Der „Porscheflüsterer“
In der Zwischenzeit war der Porsche so weit zusammengebaut, dass man den Motor testen konnte. Alle waren erpicht darauf, ihn zu hören. Es fehlten zwar noch ein paar Teile, doch im Großen und Ganzen war der Schlepper funktionstüchtig, einmal Anlassen und horchen musste einfach sein. Dirk steckte den Schlüssel ins Zündschloss und und zog am Glühstartschalter. Auf Anhieb sprang der Motor an und gab einen satten, knatternden Laut von sich. „Es ist geschafft“, war sich Dirk sicher, und alle waren begeistert – alle, bis auf Lothar und Rudi. Lothar schnappte sich stirnrunzelnd einen Schraubenzieher und hielt das Werkzeug bei laufendem Motor mit der Spitze der Reihe nach an die drei Zylinder. Den Griff des Schraubenziehers presste sich Lothar dabei an ein Ohr. Fragende Blicke und ratlose Gesichter bei Dirk und Timo. „Der läuft noch nicht rund“, war Lothars niederschmetterndes Urteil. Rückblickend erinnert sich Dirk so an diesen Moment: „Beim ersten Anlassen war ich froh, dass die Maschine lief, dann kam der Lothar und meinte: ‚der läuft nicht richtig‘. Und tatsächlich stellte sich heraus, dass die Einspritzpumpe kaputt war. Das sind so Feinheiten, die man als Amateur einfach nicht drauf hat, da macht sich die Erfahrung bemerkbar.“

Die Diagnose
Aus Lothars und Rudis Sicht war klar, dass etwas mit dem Motor nicht stimmte. Lothar erklärt: „Ich habe am Geräusch gehört, dass der Motor nicht so lief, wie er sollte. Während meiner Berufszeit hatte ich einfach einmal diese ‚Lausch-Methode‘ ausprobiert, weil ich wissen wollte, wie sich das im Innern des Motors anhört. Irgendwie musste man doch die Zylinder mit­einander vergleichen können. Da habe ich festgestellt, dass sich Ventilgeräusche anders an­hören als zum Beispiel ein Lagerschaden. Bei Ventil­geräuschen nimmt man einen hellen Ton war, eine Art Klopfgeräusch.

Wenn ein Lagerschaden vorliegt, dann hört man einen deutlich dunkleren Ton. Ich habe also bei Dirks Porsche an allen Zylinderköpfen und Ventildeckeln gelauscht. Dabei habe ich an einem Deckel ein Geräusch wahrgenommen, das sich von dem der anderen beiden deutlich unterschied – ein Zeichen dafür, dass darunter etwas nicht stimmte. Wir bemerkten, dass der ­Zylinder unter dem betreffenden Ventildeckel im Standgas nicht auf die gleiche Temperatur kam wie die anderen. Ziemlich schnell haben wir die Ursache für das abweichende Geräusch fest­gestellt: Kolben und Zylinder der Einspritzpumpe waren hinüber. Als ich dann nach dem Austauschen der defekten Teile zur Kontrolle erneut an den Ventildeckeln horchte, war das störende Geräusch verschwunden.“

Ran an die Pumpe

Was jetzt noch fehlte war die Grundeinstellung der Einspritzpumpe. Für die Feinjustierung sollte man schon Fachmann sein und das notwendige Know-how mitbringen (Bilder oben links). Die  Daten für die genaue Justierung entnahm Lothar seinem originalen Porsche-Werkstattbuch. Zum ­Einstellen der ebenfalls neuen Einspritzdüsen bediente sich der gelernte Fachmann ­eines Düsenprüfgeräts. Wie Lothar vorging und was man alles beachten muss, erfahren Sie in der nächsten Folge.

von Daniela Trauthwein

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RESTAURIERUNG PORSCHE-DIESEL SUPER B 309, BAUJAHR 1963
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