Ein Wiener in Westfalen

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Das war Warchalowski
Die österreichische Firma wurde bereits im Jahr 1858 von Jakob Warchalowski als Maschinenfabrik gegründet. Die wachsende Verbreitung von Verbrennungsmotoren in der Landwirtschaft bewog das Unternehmen zum Bau von Stationärmotoren. Auf den oft abgelegenen Alpenhöfen waren diese noch lange Zeit nach dem Aufkommen von Traktoren eine weit verbreitete Nutztechnik. Sie waren zum Betreiben von Versorgungsseilbahnen, Dreschmaschinen oder kleinen Sägewerken allgegenwärtiger Bestandteil der landwirtschaftlichen Arbeit. Erst vergleichsweise spät widmete man sich in Wien der Entwicklung von Traktoren.
Das besondere Merkmal, das die Marke bis heute im Segment der alpenländischen Landmaschinentechnik bekannt gemacht hat, waren die einzigartigen luftgekühlten Dieselmotoren mit Zylinderstellung in V-Form. Die Aggregate wurden ab 1956 in eigenen Traktoren von 14 bis 50 PS eingesetzt. Je nach Leistung waren sie mit 2, 3 oder 4 Zylindern ausgestattet. Während die größeren Aggregate als anfällig galten, erwiesen sich die V2 als robust und langlebig. Sie erwarben sich schnell einen guten Ruf und Warchalowski konnte Exportmärkte bis nach Asien und Südamerika erschließen.
Da die Motoren schon seit 1954 auch an Fremdhersteller und nunmehrige Wettbewerber geliefert wurden, erhielten sie die selbstbewusste Bezeichnung Austro-Diesel. Dennoch war der Erfolg von kurzer Dauer. Bereits in der zweiten Hälfte der Sechziger, als die Marktsättigung den Absatz auch der anderen Hersteller merklich abflauen ließ, begann der Niedergang in Wien, und Ende 1969 wurde nach fast 11.000 Exemplaren die Fertigung von Traktoren mit eigenem Motor eingestellt. In Österreich ist die Marke in der Klassikerszene angesichts dieser Stückzahl noch sehr präsent. Die Firma produzierte von 1968 bis 1971 noch etwas mehr als 700 Schlepper mit IHC-Motoren und wurde später von IHC geschluckt. Die eigenen Antriebe galten hinsichtlich ihrer Konstruktionsmerkmale durchaus als Musterbeispiele fortschrittlichen Motorenbaues mit moderner Direkteinspritzung und einem zwischen den Zylinderköpfen angebrachten Radialgebläse. Das Modell in Tecklenburg holt aus 1.145 Kubikzentimetern Hubraum eine Leistung von 18 DIN-PS.

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TEXT und FOTOS: Bodo Wistinghausen
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