Das große Sechs mal Sechs

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Auch die Optik verlangte nach einer Auffrischung, denn vom Lack war nicht mehr viel übrig, und der D 90 06 ließ sichtbar die Ohren, sprich: die hinteren Kotflügel hängen, während die vorderen gar nicht mehr vorhanden waren – ein für Schlepper dieses Alters nicht eben untypischer Mangel. Jan ließ den aufgeplatzten Sitz neu polstern und beziehen, die hinteren Kotflügel richten, konnte bei einem Händler in der Re­gion gebrauchte Vorderradkotflügel erwerben und übergab das komplette Blechkleid an einen Fachbetrieb, der es mit Zweikomponentenlack versah. Dem Rumpf ließ Jan in Eigenarbeit eine Schicht Kunstharzlack angedeihen.

Im Nachhinein zieht er zufrieden Bilanz: „Vor allem das Getriebe war noch erstaunlich gut erhalten. So brauchte ich bei der gesamten Restaurierung nur wenige Lager zu erneuern. Wenn etwas fehlte, konnte ich oftmals gut erhaltene Gebrauchtteile organisieren.“ So erreichte Jan sein Ziel, das er unter anderem mit Hilfe historischer Pros­pekte und Werkstatthandbücher als Vorlagen verfolgte: „Möglichst nah am Originalzustand sollte mein D 90 06 am Ende dastehen.“ Der D 90 06 war nicht nur der erste 06er von Jan Smoes, er war bei Markteinführung auch der erste Sechs­zylinder der 06er-Baureihe.

D 90 06 – der erste
Unter seiner Haube schlägt ein damals neues, heute legendäres Herz: Abgesehen vom exotisch anmutenden Knicklenker D 160 06 wurden sämtliche Schlepper der 06er-Serie von Motoren der Serie 912 angetrieben, die mit zwei bis sechs Zylindern verfügbar waren – der Sechszylinder im D 90 06 heißt F6L912. Für die Kraftübertragung sorgten zunächst wahlweise die aus dem D 9005 bekannten, an der flachen Hinterradnabe zu erkennenden ­Getriebe T-330 I (mit vier unsynchronisierten Gängen und unsynchronisierter Gruppenschaltung) und T-330 II (mit sechs Gängen, von denen auf Wunsch die vier oberen ebenso wie die Feinstufen- und Wendeschaltung synchronisiert waren). Ende 1968 baute ZF die ersten Exemplare der verstärkten Ausführung T-335 II, welche ab 1969 unter anderem im D 9006 zum Einsatz gelangte.

Die hervorstehenden Hinterradnaben verraten, dass Jans D 9006 bereits über dieses Getriebe verfügt. In Deutschland wurden einst 65 Prozent der 90 06er mit Allradantrieb ausgeliefert – so auch das Exemplar von Jan Smoes. In diesem Fall ist die ZF-Außenplanetenachse APL-3050 verbaut, die im Differenzial und in den Radnaben jeweils im Verhältnis von rund 1:2,6 und insgesamt im Verhältnis 6,71 untersetzt. Wahlweise war damals die ZF AL-1550 erhältlich, welche auf die Außenplaneten verzichtet und dafür im Differenzial 1:5,43 untersetzt. Entsprechend langsamer läuft der Triebstrang und muss auf dem Weg zur Vorderachse das 1,2-fache und in der Achse des 2,6-fache Drehmoment übertragen wie in der APL-3050. Auch die Zapfwelle gab es in zwei ­Ausführungen. In Jans D 90 06 ist eine komplett fahrunabhängige, über einen Handhebel zu aktivierende Zapfwelle verbaut, die sich von 586 auf 1.022 U/min umschalten läßt. Die Normdrehzahlen (540/1.000) werden also knapp unterhalb der Motor-Nenndrehzahl erreicht.

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