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Und Horchen nicht vergessen
Im Arbeitseinsatz stehen einige AS 120 bis heute. Ein leichtes Getriebegeräusch sei allgegenwärtig und normal, beruhigen die beiden AS 120-Besitzer. „Dieses ‚Singen’ kommt aus dem Differential“, ergänzt Ingo Krieg. Die Differenzialhalter am Differenzialkorb neigen zum Brechen. Wenn sie angebrochen sind, werde das Singen des Getriebes lauter.
Für das Erkennen des Unterschieds zwischen dem normalen und dem zu lauten Singen bedarf es einiger Erfahrung. „Am besten“, rät Ingo Krieg, „sieht oder besser hört sich ein Kaufinteressent vor der Inspektion eines zum Verkauf stehenden AS 120 mehrere intakte Schlepper an.“

Kühlwasser-Sichtung: Wichtig!
Am Motor empfiehlt Benjamin Osterholz, den Ölpeilstab zu ziehen und das Kühlwasser zu prüfen: „Ob das Öl wie Öl und das Kühlwasser wie Wasser aussieht, und nicht das eine mit dem anderen vermehrt und vermischt wurde.“ Verschleißteile wie beispielsweise die Bremsbeläge sind einfach erreichbar. Die Lenkung ist leichtgängig. Bei dem geringen Gewicht des AS 120 wäre alles andere nicht normal. „Das geräuschfreie Schalten ist trotz des unsynchronisierten Getriebes einfach zu lernen“, so Benjamin Osterholz.
Nicht ganz einfach ist das Rangieren auf engstem Raum, ohne Kriechgang. An den Rädern sieht man anhand des rhythmischen Wechsels der Drehgeschwindigkeit jeden einzelnen Zylinderschlag: Der Schlepper ruckt vorwärts, bleibt fast stehen, ruckt wieder vorwärts, bleibt wieder beinahe stehen, und so weiter. Ingo Krieg, der gelegentlich Schlepperhilfe auf dem Hof eines Bekannten leistet, weiß um den Ruf des kompakten Schleppers als sehr zugkräftige und wendige Maschine.
Der Wendekreisradius liegt mit durchgetretener Einzelradbremse bei zweieinhalb Metern. Ein Nachteil war jedoch die Anordnung der Zapfwelle unter dem hinteren Zugmaul.
Für den Betrieb musste das Zugmaul abgenommen werden – und das war recht häufig der Fall, da beim AS 120 auch die Riemenscheibe, die man für den Betrieb der damals noch weit verbreiteten Dreschmaschinen oder Kreissägen benötigte, an die Zapfwelle angeschlossen wurde. Die Platzierung des hinteren Zugmauls war jedoch der kompakten Bauweise des Schleppers geschuldet.

Erinnerungen
Gründau ist 20 Kilometer von Großauheim entfernt. Das ehemalige Betriebsgelände von Bautz gibt es noch. Zuhause bei Ingo Krieg hält vor dem Stellplatz seines AS 120 ein Geschäftswagen, die attraktive Fahrerin mittleren Alters steigt aus. Geht zu einer Kundenadresse. Bleibt stehen. Macht einen Schritt, in Richtung des Bautz.
„Einer der Ersten, noch original lackiert, ganz ohne Gelb“, sagt sie zu niemandem, als ob sie mit sich selbst spricht. Dann sieht sie die anderen Personen. Die, die beim Bautz stehen. Sie scheint ihr Verhalten erklären zu wollen: „Mein Vater würde sich freuen, wenn er ‚ihn’ sieht. Er hat doch bei Bautz in Großauheim gearbeitet.“ Ehrfürchtiges Staunen bei den anderen. Welche Schlepper er gebaut habe? „Ich kann ihn nicht fragen“, erwidert sie. „Er lebt nicht mehr.“
Peter Böhlke

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Bautz AS 120
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