Chronik 1949 - Teil 7

Viele Hersteller nahmen die zweite DLG-Ausstellung der Nachkriegszeit zum Anlass für Neuvorstellungen. Gesteigerte Aufmerksamkeit widmete man auch dem äußeren Erscheinungsbild sowie technischen Feinheiten. Einer bis heute beispiellosen Innovation blieb der Erfolg jedoch versagt.

 
Das komplett neu ent­wickelte Dieselross F 15 ergänzte das Fendt-Angebot nach unten © Archiv K. Tietgens
Das komplett neu ent­wickelte Dieselross F 15 ergänzte das Fendt-Angebot nach unten

Nach wie vor überstieg die Nachfrage das Angebot, doch konnten die Hersteller die monatliche Produktion von Januar bis Juni 1949 um über 40 Prozent auf fast 2.000 Einheiten steigern. Dieser Fortschritt wurde praktisch ausschließlich von den kleinen Leistungsklassen bis 25 PS getragen, auf die vorerst der Löwenanteil der Entwicklungsarbeit entfiel: Die zweite DLG-Ausstellung der Nachkriegszeit fand vom 26. Juni bis zum 3. Juli 1949 in Hannover statt. Praktisch vor den Toren des Messegeländes residierte seinerzeit die Hannoversche Fahrzeugfabrik Hoffmann & Co, die ihr Heimspiel für eine aufsehenerregende Premiere nutzte.

Hoffmannsche Spezialaufhängung

Mit dem neuen Hoffmann 601 stieg das bereits seit den 30er-Jahren für leichte Straßenzugmaschinen der Marke „Hanno“ bekannte Unternehmen ins Geschäft mit Acker­­schleppern ein. Auf den ersten Blick handelte es sich um eine durch und durch konventionelle Konstruktion, unter deren Blech sich der Deutz-Motor F2M414 und das ZF-Getriebe A-15 verbargen. Anstelle fester Achstrichter wurden die Hinterräder aber pendelnd am Getriebegehäuse aufgehängt und durch längs liegende Drehstäbe abgefedert.

Vorführungen auf der Ausstellung weckten die Begeisterung der Besucher, doch wurden – nicht zuletzt wegen des lückenhaften Vertriebsnetzes und des hohen Preises von 8.950 D-Mark – vermutlich nur 15 Exemplare verkauft. Im Mai 1949 hatte Ritscher in Sprötze den Typ 420 vorgestellt, mit dem der zuvor auf Dreiräder spezialisierte Hersteller erstmals einen vierrädrigen Schlepper in Serie fertigte. Es handelte sich um eine Weiterentwicklung des Typs 320 mit in der Spurweite von 1.250 bis 2.000 Millimeter verstellbarer Vorderachse anstelle des einzelnen Vorderrades. Der MWM-Zweizylindermotor war mit einem Vierganggetriebe eigener Konstruktion verblockt.

Die Motorenfabrik Anton Schlüter griff ihre Designhandschrift der Vorkriegszeit wieder auf und versah den DS 25 mit einem komplett neuen Blechkleid. Darunter blieb es beim bekannten Zweizylindermotor aus eigener Fertigung, doch leitete man die schleichende Ablösung der Vierganggetriebe von Renk und ZF ein. Ab sofort gab es wahlweise das ZF A-15 mit fünf Vorwärtsgängen, zu dem sich im März 1950 ein neues Renk-Getriebe mit sieben Vorwärts- und zwei Rückwärtsgängen gesellen sollte, das Höchstgeschwindigkeiten bis 30 km/h erlaubte.

Fendts Neuentwicklung F 15

Fendt tastete sich mit dem Dieselross F 15 in die wichtige Klasse der Kleinschlepper vor. Der nach dem Wirbelkammerverfahren arbeitende MWM-Einzylindermotor KDW215 E gab seine Kraft an das bewährte ZF-Vierganggetriebe A-12 ab. Nur als Prototypen gezeigt wurden die Allradschlepper F 25 und F 35 mit zwei- und dreizylindrigen MWM-Motoren sowie Renk-Getrieben, deren Gangzahl mittels eines Vorgeleges auf acht vorwärts und zwei rückwärts verdoppelt werden konnte.

Die erst seit dem Vorjahr im Schlepperbau tätige Firma Ensinger aus Michelstadt im Odenwald stellte ihrem 22-PS-Modell den kleineren AS 15 zur Seite. Hier fand sich die gleiche Kombination aus MWM-Einzylindermotor und ZF-Getriebe wie beim direkten Konkurrenten von Fendt. Dessen Verkaufserfolg erreichte der Ensinger ungeachtet späterer Verfeinerungen bis hin zur seinerzeit noch unüblichen hydraulischen Bremse jedoch bei weitem nicht. Nach nur etwa 260 gebauten und knapp zur Hälfte verkauften Schleppern gab Ensinger die Fertigung im Sommer 1950 an die Bischoff-Werke KG in Recklinghausen ab, um schon wenig später einen Neuanfang zu wagen.

Nicht auf der DLG-Ausstellung vertreten waren zwei Hersteller von eher regionaler Bedeutung, die ihre größte Zeit noch vor sich hatten. Heinrich Wesseler hatte im münsterländischen Altenberge um 1937 seine ersten Schlepper in Rahmenbauweise mit liegendem Motor gefertigt. Nach dem Krieg meldete er sich mit dem in Blockbauweise ausgeführten W22 zurück, in dem er einen Zweizylindermotor von Deutz oder wahlweise MWM und das in Nachkriegsschleppern nur noch selten anzutreffende Prometheus-Getriebe ASS 14 verwendete.

Etwa gleichzeitig mit Wesseler war einst die im wenige Kilometer östlich von Augsburg gelegenen ­Harthausen ansässige, ebenfalls in eher bescheidenem Rahmen operierende Firma Ignaz Sulzer in die Schlepperfertigung eingestiegen und startete die Nachkriegsentwicklung mit dem S 22 (siehe Titelseite), der den Deutz-Zweizylinder F2M414 mit einem Renk-Vierganggetriebe kombinierte.

Text: Klaus Tietgens

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