Ein Wiener in Westfalen

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Die Technik des WT 20
Für die Kraftübertragung bedienten sich die Wiener im Zuliefersegment und setzten ausschließlich auf ZF-Getriebe. Im WT 20 (benannt nach der Leistung in SAE-PS) wurde das ZF A-5/5 mit fünf Vorwärtsgängen, einem Rückwärtsgang und Hinterachse in Portalbauweise verwendet. Die Portalachse schuf die erforderliche Bodenfreiheit für den Einsatz als sogenannter Tragschlepper: Schließlich sollte man Zwischenachsgeräte gut montieren und einsetzen können. In der Kombination mit der sehr kompakten Bauweise des Motors ergab sich nicht nur ein optisch gelungenes Gesamtbild; die geringe Gesamtlänge des Fahrzeugs war Grundlage für seine bemerkenswerte Wendigkeit.
Beim V-Motor liegen die beiden Zylinder nur leicht versetzt auf einem Hubzapfen (anders als beim Boxermotor) und erlauben eine vergleichsweise kurze Kurbelwelle, verbunden mit einem kompakten Block. Im Gegensatz zum Zweizylinder-Reihenmotor laufen die beiden Kolben nicht gegenläufig auf und ab, sondern nur um den Zylinderwinkel von 90 Grad versetzt. Wenn der eine Kolben am unteren Totpunkt ankommt, befindet sich der andere genau auf halbem Weg zwischen den beiden Totpunkten. Damit verbunden ist insbesondere bei niedrigen Drehzahlen ein rüttelnder Lauf der Maschine.

Leistungsstarke Hydraulik
Für den Einsatz in unwegsamem Gelände waren einzelne Modelle sogar mit Allradantrieb oder für Sonderanwendungen mit fest angebautem ­Druck­luftkompressor erhältlich. Die Vorderachsen der Allradler waren Eigen­­-
konstruktionen, was deutlich macht, welchen Aufwand das vergleichsweise kleine Unternehmen auf sich nahm – was später wie so oft den Untergang beschleunigt haben wird. Aber nicht bei allen Komponenten ging man in Wien eigene Wege, was der heutigen Ersatz- und Verschleißteilversorgung sicher entgegenkommt. ­Neben dem ZF-Getriebe wurde beispielsweise eine Einscheibentrockenkupplung aus dem Hause Fichtel & Sachs verbaut. Die Schlepper waren ab Werk mit Kraftheberhydraulik von Bosch ausrüstbar, über die auch Plenters WT 20 verfügt.
Die Konstruktion wurde dabei betont einfach gehalten. Eine von Keilriemen angetriebene Pumpe speist das System aus einem hinter der Batterie angebrachten Ölbehälter, zur Unterbringung der Steuergeräte wurde das Armaturenbrett ausgeschnitten. Insgesamt wirkt die Einrichtung ein wenig improvisiert, doch sie hat es in sich. Ulrich Plenters Augen leuchten vor Freude, als er den Hebel bedient: „Da staunen selbst Fachleute, was die kann.“ Spricht’s, und bockt zur Überraschung das Hinterteil seines Österreichers damit auf. In Wien hatte man sich dabei wohl was gedacht, auch wenn es im Tecklenburger Land bislang nur zum Wechseln der Hinterräder benutzt wurde. Plenter: „ Die späteren Bosch-Regelkraftheber konnten dieses Kunststück nicht.“
 

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TEXT und FOTOS: Bodo Wistinghausen
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