Die Nobelgranaten

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Ein Allrad-Bolide passte schon immer gut in die Gegend, wo das Land so eben ist, dass man morgens schon sieht, wer mittags zu Besuch kommt. In Ostfriesland, zwischen Weser und Ems, konnten die zugstarken Schlepper aus dem Allgäu genau die richtigen Aufgaben finden. Ausgeliefert wurde der 12 S am 23. Juli 1971 an einen Betrieb in Neuwesteel, einem direkt an der Nordseeküste gelegenen Ort. Eine Region, in der die Menschen seit Jahrhundeten Landgewinnung betrieben haben.

Sie trotzten der Nordsee Meter um Meter ab, ließen das abgesteckte Land trocken fallen und sicherten es mit einem Deich. Dort, direkt an der Küste, haben es die Landwirte mit schwerem Klei-Boden zu tun. Andreas Koch: „Klei ist so fest, dass er beim Wenden des Bodens nicht auseinander krümelt.“ Sein Vater ergänzt: „Unter 70 PS geht da nichts!“ Der 12 S wechselte mehrfach den Besitzer. Gekauft haben ihn die Kochs von einem Aufgabe­betrieb, auf dem er seit August 1995 abgemeldet und mit entstempelten Kennzeichen stand. Die Kochs steckten den Schlüssel ins Zündschloss, geduldeten sich einen Diesel-Gedenkaugenblick, und der Sechszylinder sprang an.

Nach der Probefahrt wussten sie: „Diesen Schlepper wollten wir unbedingt haben!“ Nur kleine Löcher am Auspuffkrümmer mussten geschweißt werden. 5.000 Betriebsstunden hatte der Schlepper bis dahin auf der Uhr.

Ein Umbau will gut geplant sein
Der Fendt Favorit von Volker Höltkemeyer ist beides gewesen: erst ein 11 S, dann ein 12 S. Der promovierte Master der Agrarwissenschaften hatte nach einem Schlepper aus seinem Geburtsjahrgang gesucht. Den Hinweis auf den Standort eines 11 S von 1969 erhielt er bei einer Händlerschulung, an der er als technischer Verkaufsberater der AGCO teilnahm. Den – tatsächlich erst 1970 gebauten – 11 S, dessen damaligen Zustand er mit „Drei minus“ bezeichnet, holte er aus Österreich ins Allgäu zurück, an den Geburtsort des Schleppers sozusagen. Oder zumindest in dessen Nähe. Der 42-Jährige wohnt auf einem Bauernhof, bis Marktoberdorf sind es etwa zehn Kilometer. Der Umbau in einen 12 S dauerte nur wenige Tage, nach gründlicher Vorbereitung. „Bis auf den Motor, die Kupplung und einen zusätzlichen Hubzylinder gleichen sich 11 S und 12 S“, erklärt Volker Höltkemeyer. Der Motor des 11 S hat 5.104 Kubikzentimeter Hubraum und 95 PS, der des 12 S 6.234 Kubilzentimeter und 110 PS. Daher gelangt im 12 S die stärkere F&S-Kupplung G 350 K anstelle der G 310 K zum Einsatz. Die Turbokupplung beider Schlepper ist im Prinzip gleich, beim 12 S nur mit mehr Öl befüllt. 11 S und 12 S fahren mit Vorderachsen von ZF, der 10 S mit einer Bergischen Achse.

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Fendt Favorit 12 S und die frühen Fendt-Sechszylinder
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