Der Panthersprung

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Mit den Raubtiernamen gingen die Bayern einen gänzlich neuen Weg, indem sie ihre Modelle nicht – wie sonst üblich – mit diversen leistungsbeschreibenden Zahlen belegten. Diese offensive Strategie vermittelte wahre Angriffslust. Panther und Tiger standen für Dynamik, Kraft und Überlegenheit – eine klare Ansage.

Auch das Design war völlig überarbeitet worden. Mit grundlegend neu gestaltetem Gesicht wollte Eicher sich auch optisch von der Konkurrenz absetzten. Laut Eigenwerbung „... gefällt der Panther durch seine moderne und gefällige Formgebung ...“.

Und in der Tat sollte die abgerundete, leicht nach innen abfallende Frontpartie mit dem markanten Lufteinlassgitter für rund zehn Jahre zum Erkennungsmerkmal der Raubtiere werden. Auch technisch setzten die neuen Hauben Akzente. Auf der linken Seite waren sie weit heruntergezogen und verfügten über ein Lüftungsgitter, das den Abzug der warmen Abluft von den Zylindern erleichterte.

Zwei ungleiche Brüder
Streng genommen gebührt dem Panther die Ehre, die Raubtierreihe begründet zu haben, denn er kam einige Monate vor dem Tiger auf den Markt. Es war ein ungleiches Paar. Der Tiger ist gegenüber dem Panther nicht nur im Tierreich die stärkere Katze.

Erster hat den Motor EDK2 mit 100 Millimetern Bohrung und 125 Millimetern Hub, was einen Hubraum von 1.963 Kubikzentimetern ergibt, während die im Panther verbaute Version EDK2a mit 95 Millimetern Bohrung und 120 Millimetern Hub nur auf 1.701 Kubikzentimeter kommt. Entsprechend unterschiedlich war die Leistung mit zunächst 25 PS gegenüber 19 PS.

Dazu hat der Tiger ein modernes ZF-Stiftschaltgetriebe der Serie A-200, während der Panther mit den vergleichsweise altmodischen Schubradgetrieben A-5/6 und A-6 ausgestattet wurde. Acht Vorwärts- und vier Rückwärtsgänge in drei Gruppen stehen sechs Vorwärtsstufen und einer einzigen Rückwärtsstufe gegenüber.

Schließlich war der Tiger bereits mit einer Blockhydraulik lieferbar. Dazu musste der Panther mit Getriebezapfwelle und Einfachkupplung (F&S Typ K 16Z) auskommen, während der Tiger von Beginn an mit Doppelkupplung versehen war. Auf dem Markt setzte sich der Tiger mit über 15.000 gegenüber nur gut 10.000 verkauften Exemplaren deutlich besser durch, was aber auch der sich allgemein in Richtung höherer Leistungsklassen verschiebenden Nachfrage geschuldet war.

Einzigartig im Sortiment

Dennoch verdient der Panther – interne technische Bezeichnung EM 295 (Eicher-Motor, 2 Zylinder, 95 Millimeter Bohrung) – eine besondere Beachtung. Im Gegensatz zum Tiger und zu allen anderen Eicher-Schleppern ist er mit Mittelstück in Wespentaillenbauweise als Tragschlepper ausgelegt.

Damit hat er es auch Friedrich Heine und Sohn Florian angetan. Die beiden sammeln seit vielen Jahren die Marke mit Schwerpunkt auf den luftgekühlten Raubtieren. Florian Heine: „Der Panther stellt eine Besonderheit der Reihe dar und gehört schon allein deshalb in unsere Sammlung.“

Warum das Tragschlepperkonzept ausgerechnet mit vergleichsweise einfacher Technik und geringer Leistung verwirklicht wurde, lässt sich im Nachhinein durchaus erklären: Die hoch bauenden ZF-Getriebe A-5/6 und A-6 mit Portalachse boten sich für diese Bauweise eher an als die Gruppengetriebe der größeren „Raubtiere“ mit ihrer nur wenig oberhalb der Hinterradnabe liegenden Eingangswelle.

Friedrich Heine weiß zu berichten: „Die allerersten Entwürfe und wohl auch einige wenige ausgelieferte Exemplare hatten noch gar kein Wespentaillenmittelstück.“ Ende der 1950er-Jahre standen Tragschlepper mehr oder weniger am Scheideweg. Etliche Hersteller hatten solche Modelle im Programm, und es war nicht absehbar, ob sie sich breit durchsetzten könnten.

Sie konnten es letztendlich nicht, doch offensichtlich hielt Eicher es für ratsam, schon aus Gründen der Kundenbindung auch in diesem Segment ein Angebot parat zu haben. Davon abgesehen setzten die Forsterner als Alternative zum Standardschlepper allerdings auf den schon 1955 lancierten Geräteträger.

Leicht und drehfreudig
Dem Motor wurden laut Eigenwerbung ein rasantes Beschleunigungsvermögen sowie ein ruhiger Lauf mitgegeben. Das können die Sammler aus Welver bestätigen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Wie bereits erwähnt, hatte der EDK2a im Panther weniger Bohrung und Hub. Die geringeren zu bewegenden Massen ermöglichten eine höhere Drehfreude der Maschine gegenüber dem stärkeren Tiger.

Dennoch setzte sich die Version bei Eicher nicht recht durch. Der EDK2a lief abgesehen vom Panther in den „Kombi“-Geräteträgern G 200 und G 220, der Dreizylinder EDK3a im Tiger II (EM 235). Ab 1968 setzte Eicher durchgehend auf die größere Zylindereinheit mit 100 Millimetern Bohrung und 125 Millimetern Hub, was die Logistik erleichterte, Teile für die „a“-Variante aber heute seltener und teurer macht.

Ersatzteilhändler Joachim Schmieder hält hierfür jedoch eine Lösung parat: Die 100-Millimeter-Kolben werden heutzutage auch mit um 2,5 Millimeter nach unten versetztem Pleuellagerauge gefertigt, so dass sie mit den dazugehörigen Zylinderrohren auf Motoren mit 120-Millimeter-Kurbelwelle passen.

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Der Panthersprung - Text & Fotos: Bodo Wistinghausen
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