Der kleine Riese

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Eine bittere Erfahrung
Nachdem Bernd Langheinrich den F 12 HL zu sich ins sächsische Kirchberg geholt hatte, rief er bei Fendt in Marktoberdorf an. Er glaubte, der Hersteller hielte es mit den Oldtimern aus dem eigenen Hause so wie einige Automobilhersteller, die sogar eigene Ausstellungen betreiben. Zumindest müsste das Werk doch wissen, wo es Ersatzteile gibt. So dachte der Schlepperbesitzer. Aber der Gesprächspartner in Marktoberdorf verwies nur vage auf „MWM und ZF“ und entließ den Anrufer wegen der Frage nach Teilen mit dem Hinweis auf private Landmaschinenvertreter. Nach diesem Telefonat war Bernd Langheinrich eine entscheidende Erfahrung reicher.

Jetzt gehörte er zum „Club“. Zum „Club der Oldtimerfreunde“, die alle irgendwann ähnliche Erfahrungen gemacht haben, und die deshalb wissen, dass sie sich selbst und untereinander helfen müssen. Das Säubern und Entfetten von Motorhaube und Kotflügeln erledigte Bernd Langheinrich mit Heißdampf und Motorreiniger. Nach dem Abschleifen des Blechs brauchte er nur Füller und Grundlack aufzutragen, bevor er den Schlepper im Originalton lackieren konnte. Allerdings entsprach der Farbton gemäß RAL-Verzeichnis nicht der originalen Farbe. Der Lackierer musste „nachmischen“, um das passende Grün zu erzeugen. Auf seinem Bürostuhl sitzend, zeichnete Bernd Langheinrich die gelben Linien und die Schriftzüge „Fendt“ und „Dieselross“ eigenhändig auf die Motorhaube: „,Dieselross’ zu malen, war gar nicht so einfach!“ Die Buchstaben im Original sehen so ähnlich aus wie Kursivschrift. Batterie, Lichtmaschine und Anlasser zu erneuern war kein Problem. Die Verkabelung zog ein befreundeter Elektriker ein.

Dichter mit Loctite
Luftfilter und Ölspaltfilter waren nach einer gründlichen Reinigung wieder zu verwenden. Neben dem Ausspülen des Motors, dem Einsetzen einer neuen Glühkerze und dem Auffüllen neuen Schmierstoffs mussten die Dichtungen erneuert werden. Der Besitzer eines Zwickauer Chemie-Betriebes gab ihm den Tipp, Kupferdichtungen in Kombination mit Loctite zu verwenden – er  hatte so den Zylinderkopf seines Massey Ferguson abgedichtet. Langheinrich entschied sich, es auszuprobieren: „Die Kupferdichtungen habe ich selbst angefertigt – das nötige Kupferblech bekam ich sehr günstig von einem Klempner. Ich habe es ausgeglüht und abkühlen lassen, damit es weich wird und sich allen Unebenheiten anpasst, Loctite aufgetragen, alles zugemacht, und einen Tag gewartet.“ Eine Methode, die günstiger war als die Verwendung der Originaldichtungen (die es zum Beispiel bei GRANIT classic parts gibt), und die er bis jetzt nicht bereut hat.

Zu Täuschungshandlungen ist der MWM-Motor nicht fähig. Bei dem Einzylinder muss man nur hinhören und bei der Probefahrt darauf achten, ob er gleichmäßig zieht. Takt, Klang und Leistungsannahme erschließen sich auch einem Einsteiger. Ein weiterer Vorteil: „Wenn der Motor sauber läuft, ist auch die Einspritzpumpe okay“, weiß Thomas Bracht. Zur Vorsicht rät der Fendt-Spezialist, wenn der Schlepper lange Zeit im Freien stand: „Dann können die Förderelemente kaputt gegangen sein.“ Förderelemente gab es in verschiedenen Ausführungen. Einige Versionen wären nicht mehr zu beschaffen.

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Der F 12 in den 50er-Jahren
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