Das große Sechs mal Sechs

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Diese verfügte einheitlich über Außenplaneten und eine Gesamtuntersetzung von 1:10. Der sogenannte Allradfaktor – das Drehzahlverhältnis zwischen Vorder- und Hinterachse – betrug rund 1,4 und erlaubte die Verwendung von 24-Zoll-Vorderrädern mit Ackerstollenprofil anstelle der kleinen 20-Zöller. Dass die ab Anfang 1972 von ZF gelieferten und mit leichter Verzögerung in Schleppern auftauchenden Getriebe vierstellige Bezeichnungen trugen, ist abgesehen von kleinen Detailänderungen eher der Logistik als der Technik geschuldet. Unabhängig davon zählte die Synchronisierung fortan auch bei Deutz zum Serienumfang.

Sch(m)utzschicht
Diesem Baustand entspricht der D 100 06 von Gerd Smoes – und hat doch keine SIGE-Vorderachse. Die Teleskopachse der hinterradgetriebenen Ausführung baute Deutz nämlich selbst. Als recht starker Schlepper ohne Allradantrieb wurde der D 100 06 zumindest gegen Ende seines Einsatzlebens artgerecht gehalten, denn er lief in einem Boxenlaufstall vor dem Futterverteiler. Berufsbedingt kam Gerd mit dem Eigner in Kontakt, der den Futterverteiler zukünftig am Radlader betreiben wollte und für den Deutz daher keine Verwendung mehr hatte. Gerd erinnert sich: „Der Schlepper sah auf den ersten Blick grauenvoll aus, versteckte sich komplett unter einer Kruste aus Dreck. Als ich mit dem Finger darüber strich, kam aber eine gut erhaltene Lackschicht zum Vorschein. Sonderlich zerdellt schien das Blech auch nicht zu sein.“
Gerd bot sich an, den D 100 06 zu kaufen, doch die Preisvorstellung des Verkäufers wich von der seinigen um den Faktor zwei nach oben ab. Nach einem knappen Jahr meldete sich der Betreiber des Boxenlaufstalles noch einmal bei Gerd und fragte, ob sein Angebot noch stünde. Gerd stimmte zu und ist seitdem zufriedener Eigner eines D 100 06 in traumhaftem Originalzustand. Nur die Bremsen musste er neu belegen, alles andere funktioniert perfekt.

Farbspiele
Dass sich der Rotton der Hinterräder bis 1973 zweimal änderte, dürfte nur wenigen Betrachtern aufgefallen sein, um so mehr aber die optische Auffrischung im Sommer 1974. Das dunkle Smaragdgrün der Blechteile wich dem deutlich helleren „Deutz-Grün 74“, und der Rumpf wurde nunmehr braungrün statt grau lackiert. Bei der 1976 nachgereichten Komfort-­Version „Special“ mit auf Gummielementen gelagerter Fritzmeier-Kabine (Typ FK 9302) wurde die Optik zusätzlich durch schwarze Dekorelemente aufgelockert. Ausgerechnet bei dieser Ausführung verzichtete man wieder auf den ebenen Kabinenboden, sodass sich der Einstieg – auch wegen der mittigen Schalthebel und der im unteren Bereich recht schmalen Türen – nicht übermäßig bequem gestaltet.

Letzte technische Neuerungen waren die ab 1975 optional und gegen Ende der Bauzeit serienmäßig gelieferte hydrostatische Lenkung sowie das vordere Selbstsperrdifferenzial „Optitrac“, das ab der DLG-Ausstellung im Mai 1976 die Aufpreisliste ergänzte. Im Gegensatz beispielsweise zum nur 50 Prozent sperrenden Differenzial der zeitgenössischen ZF-Achsen bot „Optitrac“ eine hundertprozentige Sperrwirkung – und damit unter extremen Bedingungen einen Traktionsvorteil, den Deutz auf Vorführungen eindrucksvoll demonstrierte. So galten die Typen D 80 06 und D 100 06 beim Auslaufen ihrer Produktion im Frühjahr 1978 zwar nicht mehr als die modernsten, aber als ausgereifte, technisch durchdachte Schlepper der oberen Mittelklasse.

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Deutz-Schlepperprogramm
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